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Petunien im rechtsfreien Raum

■ Freilandversuch für genmanipulierte Petunien findet im rechtsfreien Raum statt / Rechtliche Grundlage fehlt

Berlin (taz) - Die bevorstehende Entscheidung über die erste Freisetzung gentechnisch manipulierter Organismen in der Bundesrepublik ist alles andere als eine Formsache. Wenn der vom Kölner Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung beantragte Freilandversuch mit 37.000 genmanipulierten Petunien noch in dieser Vegetationsperiode stattfinden soll, muß das Bundesgesundheitsamt (BGA) in Berlin dem bis Mitte April zustimmen.

Dabei kann sich das BGA lediglich auf Richtlinien des Bundesforschungsministeriums stützen, die den Umgang mit gentechnisch verändertem Material regeln sollen. Eine gesetzliche Grundlage für die als „historisch“ bewertete Entscheidung fehlt.

Der Bielefelder Rechtswissenschaftler Professor Hans-Jürgen Papier erkennt darin eine „rechtlich brenzlige Situation“. Gegenüber der taz erklärte Papier, die Bundesregierung habe es bisher versäumt, auf diesem wichtigen Feld ihrem „verfassungsrechtlichen Regelungsauftrag nachzukommen“. Die Richtlinien könnten ein Gesetz nicht ersetzen und seien deshalb auch nicht geeignet, „eindeutige und notfalls gerichtlich überprüfbare Voraussetzungen für eine derartige Zulassung zu normieren“. In dieser Situation könnten sich „potentiell Betroffene“ zu einer Klage „ermuntert fühlen“, sagte Professor Papier.

Das BGA versucht unterdessen, die öffentliche Akzeptanz für das bevorstehende Kölner Petunien-Experiment durch Einschaltung zusätzlichen wissenschaftlichen Sachverstands zu erhöhen.

Während die Petunien noch ohne Rechtsgrundlage auf den Acker kommen sollen, sorgt der erste Entwurf für das Gentechnikgesetz für Furore. Bis hin zum Umweltminister reicht die Schar der Kritiker. Selbst Töpfer sieht die Belange des Umweltschutzes in dem Gesetzentwurf nicht ausreichend berücksichtigt. Zwischen ihm und Gesundheitsministerin Lehr bahnt sich zudem ein Kompetenzstreit an. Töpfer will wesentliche Kontroll- und Genehmigungsaufgaben in Sachen Gentechnik in sein Haus übernehmen.

Eine wesentlich schärfere und grundsätzlichere Kritik formulierten die Genexperten von SPD und Grünen und das Gen -ethische Netzwerk (GEN). „Dieser Gesetzentwurf knüpft in völlig unangebrachter Weise an das Atomgesetz an“, monieren die Kritiker.

Das GEN weist vor allem darauf hin, daß - sollte der Entwurf Gesetz werden - die meisten gentechnischen Experimente unter Ausschluß der Öffentlichkeit abgewickelt würden. Und alle Kritiker stellen den Paragraphen 1 heraus, mit dem die Förderung der Gentechnik gesetzlich verankert werden soll.

gero/-man Tagesthema auf Seite 3

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