: Himmlische Drähte der SPD
■ Bei traditionellem Schoppengespräch auf der Osterwiese breite Übereinstimmung zwischen SchaustellerInnen und der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft der Selbständigen
Aus vollem Herzen UnternehmerIn und trotzdem zufrieden mit der SPD und deren Politik? Bei den Bremer SchaustellerInnen ist das so. Das konnten Mitglieder der „Arbeitsgemeinschaft Selbstständige in der SPD“ gestern befriedigt registrieren. Die hatten zum traditionellen Schoppengespräch auf der Osterwiese eingeladen und stellten dann auch eine buchstäblich den landespolitischen Rahmen sprengende Bilanz der SPD-Politik dar. So ist das gute Wetter dieser Osterwiesenzeit ausschließlich den guten Kontakte der SPD zu himmlischen Kräften zu verdanken, ist die stellvertretende Bürgerschaftspräsidentin Anneliese Leinemann überzeugt. Und auch die Tatsache, daß es kaum Beschwerden gegeben habe, sei das Ergebnis der engen Zusammenarbeit zwischen AustellerInnen und SPD-Senat.
Zwar war der Geldbeutel der OsterwiesenbesucherInnen diesmal nicht so prall gefüllt. Das
liegt nach Überzeugung der stellvertretenden Präsidentin wesentlich an der Gesundheitsreform. Hier scheint es keine himmlischen sozialdemokratischen Drähte zu geben. Jedenfalls weiß Frau Leinemann hier auch nicht weiter. Dafür hatte der neue Sprecher des Marktausschusses, Jürgen Janke, einen Leckerbissen zu präsentieren - zwar nicht ganz neu, aber in diesem Kreise immer wieder gern gehört: „Die Bauarbeiten an der Bremer Stadthalle werden zu keinen Einschränkungen der Jahrmärkte führen“, versicherte er unter Beifall.
Diese stellten sich aber auch in anderen Fragen als eine besondere Unternehmer-Spezies dar. Während überall über die Arbeitslosigkeit geklagt wird, ist es hier gerade umgekehrt. „Uns fehlen Arbeitskräfte, besonders Leute, die mitreisen“, klagt ein Schausteller das Leid seiner Zunft. Ob denn nicht für die Jahrmarktsaison zeitweise Arbeitserlaubnisse, zum Beispiel für Po
len, erteilt werden könnten, will er wissen. Derartige Überlegungen lehnt Jürgen Janke, neuer Sprecher der Innendeputation, ab, empfiehlt aber stärkere Werbung für diese Berufe. Die Anregung, bei der Zahlung von Sozialleistungen zukünftig strengere Kriterien anzulegen, nehmen die SPD-PolitikerInnen dankbar auf.
Und selbst gegen Privatisierung sind die eigenwilligen UnternehmerInnen. „Einförmigkeit und höhere Kosten, schlicht eine Katastrophe“, ist die einhellige Erfahrung vom letztjährigen Weihnachtsmarkt in Bremerhaven. Dort war erstmals einem Unternehmer die Vergabe der Plätze und Standartbuden überlassen worden. In der Stadt Bremen soll es das nicht geben, versicherten die SPD-PolitikerInnen. Sollte sich das nicht durchsetzen, muß sich die Bürgerschaft wohl eine neue Vizepräsidentin wählen. Die nämlich versprach gestern: „Privatisierung? Nur über meine Leiche!“ om
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