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Sportler-Offensive

■ Landessportbund und CDU gehen nach wochenlanger sportpolitischer Funkstille zum ersten Mal in die Offensive / Sport-Staatssekretär Kuhn (AL) bekommt Druck

Wochenlang herrschte nach den sportpolitischen Vereinbarungen zwischen SPD und AL beinahe Funkstille im Landessportbund (LSB). Mit einem „Neun-Punkte -Forderungskatalog“ ist LSB-Chef Richthofen jetzt vehement zur Offensive übergegangen. Für den 20. April wurde ein Gespräch zwischen LSB-Vertretern und der neuen Schul- und Sportsenatorin Volkholz vereinbart, um die aufgetretenen Meinungsunterschiede zu diskutieren.

Auch die CDU, die in den letzten Jahren stets die sportpolitische Diskussion lenkte und bestimmte, meldet sich nach dem Wahlschock langsam wieder zurück. Jürgen Klemann (CDU), Bezirksbürgermeister von Zehlendorf, erklärte, daß die jüngst bekanntgewordenen Pläne des neuen Senats, ein FU -Sportzentrum in Dahlem zu bauen, nicht akzeptabel seien. Mit den Vorstößen von LSB und CDU kommt der für den Sport zuständige Staatssekretär Hans Jürgen Kuhn (AL) zum ersten Mal deutlich unter Druck. Zusätzlichen Ärger wird es für den 35jährigen Lehrer von ökologisch interessierter Seite geben. Kuhn hatte nach den Vereinbarungen mit der SPD die Zusage gegeben, daß das für Ende Mai terminierte Avus-Rennen stattfinden wird.

LSB-Präsident Richthofen fordert von Staatssekretär Kuhn, daß die Unterstützung von freien Gruppen nicht zu Lasten des Vereinssports gehen darf. Er möchte, daß die Schulen Anreize schaffen, um die Kinder an Vereine anzubinden. Der LSB erwartet, daß die teuren Umbaumaßnahmen (50 Millionen Mark), die vom alten Senat genehmigt waren, auf jeden Fall in die Praxis umgesetzt werden. Weiterhin fordert der LSB, daß im Sportanlagenentwicklungsplan keine Änderungen zuungunsten wettkampfgerechter Anlagen vorgenommen werden sollen. Bei der Spitzensportförderung hat sich der LSB den Vorstellungen von Kuhn ein wenig angenähert. Nachdem bei den Profiklubs keine großen Proteste auf die Ankündigung von SPD und AL folgten, daß die Zuschüsse für Ordnerkosten gestrichen werden sollen, gibt man sich jetzt kulant.

Kein Entgegenkommen gibt es dagegen im Bereich des Motorsports. Nach heftigen Interventionen des ADAC macht sich der LSB weiterhin für eine Ausrichtung von Auto- und Motorbootrennen in der Mauerstadt stark. Offenbar ist der Druck des ADAC stark genug, um die inzwischen von fast allen Seiten akzeptierten Bedenken gegenüber dem umweltschädlichen Motorsport zu ignorieren.

Im Ost/West-Sportverkehr drängt der LSB Kuhn einzusehen, daß Sportverhandlungen zwischen den beiden deutschen Staaten über den Deutschen Sportbund geführt werden sollen. Damit wendet sich Richthofen gegen eine Initiative von Sportsenatorin Volkholz, die auch auf Landesebene Verhandlungen ermöglichen wollte. Die Planungsgruppe zur Olympiastadt Berlin, die sich größtenteils aus Bankern und Industriemanagern zusammensetzt, soll nach dem Willen Richthofens alsbald mit der Arbeit beginnen. Bis zum Herbst soll dem Nationalen Olympischen Komitee ein erster Bericht vorgelegt werden. Wie zu hören war, denkt der neue Senat zumindest über eine Neubesetzung des Gremiums nach.

„Wir wollen das Poststadion instand setzen, aber keine Luxusmodernisierung. Im Sportanlagensanierungsprogramm soll nicht gekürzt werden. Der LSB-Vorstoß ist ein Armutszeugnis. Richthofen führt nur Abwehrkämpfe. Er setzt sich überhaupt nicht mit den drängenden Problemen des Freizeit- und Breitensports auseinander. Der LSB-Präsident formuliert keine positiven Inhalte, sondern handelt nur defensiv. Insgesamt will er wohl eine Politik der Besitzstandsicherung durchsetzen“, erklärte Kuhn in einer ersten Stellungnahme zu den Forderungen des LSB-Präsidenten ein wenig verärgert.

Theo Düttmann

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