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Engelhard checkt Rebmanns Telefone

Justizminister sucht Nachrichten-Leck bei der Bundesanwaltschaft / Telefonnummern überprüft  ■  Von Wolfgang Gast

Berlin (taz) - Das Bonner Justizministerium hat auf der Suche nach einem Leck in der Karlsruher Bundesanwaltschaft (BAW) die Telefongespräche überprüfen lassen. Wie der Sprecher des Bonner Justizministeriums Schmid gestern bestätigte, hat es darüber hinaus auch bei der Staatsanwaltschaft in Essen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf „Bruch des Dienstgeheimnisses“ gegeben.

Hintergrund der eifrigen Suche ist die Veröffentlichung zweier geheimer Briefe von Generalbundesanwalt Rebmann an das Bundesjustizministerium. Sie waren am 7. und am 15. September letzten Jahres in Springers 'Welt‘ publiziert worden. Die gezielte Indiskretion wirkte massiv in die Debatte um eine Begnadigung der früheren RAF-Mitglieder Angelika Speitel und Peter-Jürgen Boock hinein. In den Schreiben - ursprünglich zur Meinungsbildung des Bundespräsidenten gedacht - hatte Rebmann seinen vehementen Widerstand gegen eine Begnadigung Boocks angekündigt und den Bundespräsidenten schulmeisterlich vor einem Besuch bei den inhaftierten Ex-RAFlern gewarnt.

Auf Betreiben von Justiz-Staatssekretär Kinkel versuchte die Bonner Behörde anschließend, den abtrünnigen Mitarbeiter auf zwei Gleisen auszumachen. Es hätte Anhaltspunkte gegeben, daß das Leck in der Karlsruher Bundesanwaltschaft zu suchen sei, sagte Schmid rückblickend. Während die Staatsanwaltschaft in Essen die zuständigen Redakteure der 'Welt‘ ergebnislos befragte, leitete das Justizministerium eine Überprüfung der zeitlich in Frage kommenden Telefongespräche an. Beim Präsidenten des Bundesgerichtshofes Walter Odersky erwirkten die Bonner Ermittler die Genehmigung für die Auswertung der im Telefoncomputer gespeicherten Nummern der geführten Gespräche. Den betroffenen BAW-Mitarbeitern wurde eine dienstliche Erklärung über ihre Unschuld abverlangt. Die Nachforschungen des Bundesjustizministeriums sind im Sand verlaufen und wurden ad acta gelegt. Für die Essener Staatsanwaltschaft erklärte gestern Oberstaatsanwalt Kerl, auch dieses Verfahren sei mangels Erkenntnisse eingestellt worden.

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