: Vom Regenbogen zur Sonnenblume
„Europäische Grünen-Koordination“ einigt sich auf die neue Fraktion im Europa Parlament / Fraktion trägt künftig das Symbol der Sonnenblume / Bundesdeutsche bestehen auf die Beteiligung der grün-alternativen / Frankreichs Grüne stellen größte Gruppe ■ Von Thomas Scheuer
Der äußere Anstrich der Grünen im Europäischen Parlament wird zwar einfarbiger, nämlich grüner ausfallen als derjenige der bisherigen Regenbogen-Fraktion. Trotzdem aber sollen wie schon bisher auch grün-alternative und grün-linke Abgeordnete unter der Sonnenblume Platz finden. Diesen Kompromiß fand am Wochenende in Brüssel eine Konferenz der „Europäischen Grünen Koordination“. Damit dürfte die ohnehin etwas voreilig herbeigeredete - Gefahr einer Spaltung der Euro-Grünen in zwei Fraktionen vom Tisch sein. „Alle gewählten Abgeordneten“ der in der Koordination vertretenen Parteien, so ein Schlüsselsatz der Resolution, „sollen Mitglieder einer Fraktion sein.“ Gleichwohl sind längst nicht alle Konflikte ausgeräumt.
Vor allem die französischen Les Verts, die in der neuen Grünen-Fraktion mit neun Abgeordneten (vorher keine) die bundesdeutschen Grünen mit acht Mandatierten (bisher sieben) als stärkste nationale Gruppe ablösen, hatten schon während des Wahlkampfes das „Ende der deutschen Vorherrschaft“ sowie ihr Eintreten für eine grün-grüne Fraktion angekündigt. In der Abschlußerklärung des Brüsseler Treffens wird der künftigen parlamentarischen Gruppe der Grünen im Euro -Parlament nun ein „deutliches grünes Profil“ verordnet. Gemeint ist damit „eine stärkere Hervorhebung typisch grüner Themen“, wie der bisherige Regenbogen-Generalsekretär Juan Berendt erläutert: „Die Umweltpolitik soll stärker in den Vordergrund“ gestellt werden. Die neue Formation soll „Grüne Fraktion“ heißen; die Sonnenblume wird als Markenzeichen den Regenbogen ersetzen. Soweit die Zugeständnisse an das moos -grüne Spektrum der Euro-Grünen. Den Grün-Kern der neuen Fraktion bilden bisher 24 Abgeordnete aus Belgien (drei), Italien/Liste Verdi (drei), Portugal (eine), Frankreich (neun) und der BRD (acht).
„Allen Grund zur Zufriedenheit“ machte indessen auch der Bundesvorstand der westdeutschen Grünen aus. „Unser Hauptanliegen haben wir untergebracht“, bilanzierte Jürgen Maier, außenpolitischer Sprecher und Vertreter seiner Partei bei dem Brüsseler Parteivertretertreffen. Er meint damit jenen Passus, wonach mit weiteren - entgegen deutschen Wünschen allerdings nicht namentlich genannten - Alternativ -Parteien über deren Fraktionszugehörigkeit verhandelt werden soll, und zwar laut Resolutionstext „gemäß den grünen Prinzipien.“ Konkret gemeint sind die jeweils zwei Abgeordneten der holländischen „Grün-Linken“ und des italienischen „Arcobalino“ (Regenbogen) sowie den einzelnen Abgeordneten der kleinen italienischen Links-Partei „Democrazia Proletaria“ und eines baskischen Links -Bündnisses. Genau die wollten die Franzosen eigentlich draußen, die Bundesdeutschen aber - nicht zuletzt aufgrund der guten Zusammenarbeit in der bisherigen Regenbogen -Fraktion - unbedingt mit drin haben. Jürgen Maier in Brüssel: „Die müssen mit rein.“ (Darüber hinaus soll mit dänischen EG-Gegnern und südeuropäischen Regionalisten über eine technische Assoziierung verhandelt werden.) Unter Berufung auf den erwähnten Verhandlungsauftrag werten die Bundesgrünen die neue EP-Fraktion, so Maier, bereits „von der Substanz her klipp und klar grün-alternativ“. Möglicherweise etwas voreilig. Den die genannten „grünen Prinzipien“ sind durchaus unterschiedlich interpretierbar. Die inhaltlichen Differenzen innerhalb der Sonnenblumen-Crew dürften ohnehin spätestens aufbrechen, wenn es demnächst im parlamentarischen Alltag zur Sache geht. Schließlich hängt vom Verhalten der Grünen entscheidend mit ab, ob die neue rechnerische absolute Mehrheit der Linken nach den Wahlen nun auch praktisch zum Tragen kommt. Der grüne Beitrag dazu darf bezweifelt werden: Der Conseil National der französischen Grünen verkündete am Samstag abend in Paris, man werde bei der konstituierenden Sitzung des Europa -Parlaments im Juli keineswegs für einen linken Parlamentspräsidenten stimmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen