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Französische Sozialisten auf rot-grünem Kurs?

Der französische Sozialistenchef Pierre Mauroy befürwortet ein zukünftiges Bündnis mit den Grünen / Seine Offensive trifft die SozialistInnen in einer schweren Identitätskrise / Erziehungsminister Jospin sieht schon eine innerparteiliche Opposition zur Regierung  ■  Aus Paris Georg Blume

Wir müssen uns ideologisch wiederbewaffnen“, trompetete Pierre Mauroy vor einem Jahr in der taz. Heute nun legt der französische Sozialistenchef seine Waffen auf den Tisch. Sie zielen auf Rot-Grün. Nie zuvor hat ein führender Politiker der in Frankreich regierenden Sozialisten die grüne Partei im Land, Les Verts, als politischen Partner ins Auge gefaßt. Traditionell gelten die rosaroten Mitterrandanhänger als eingefleischte Grünenhasser. Um so spektakulärer ist der Vorstoß des sozialistischen Parteichefs.

„Das Bündnis mit den Grünen ist für mich Teil des Bündnis der Linken“, erklärte Pierre Mauroy in einem Interview der Pariser Tageszeitung 'Liberation‘ vom Freitag. Mauroy, der bisher zu den entschiedensten Verfechtern der sogenannten Linksunion mit den Kommunisten zählte, ging soweit, im neuen Bund mit den Grünen die „strategische Allianz“ der Zukunft zu sehen. An seine eigene Partei gerichtet, sagte er: „Die Grünen sind in der Lage, uns Sozialisten erneut die Politik der kleinen Dinge und die Sorge für den Alltag beizubringen.“ - Bei den Europawahlen erlangten Les Verts erstmals landesweit über 10 Prozent der Stimmen.

Dem Paukenschlag Mauroys folgte der Wirbel in der Partei. Natürlich müsse man mit den Grünen reden, aber doch nicht nur mit ihnen, nörgelte alsbald der sozialistische Verteidigungsminister Chevenement, der beim Gedanken an die Grünen um seine Raketen bangen muß. Auch von seiten des sozialistischen Spitzenkandidaten bei den Europawahlen, Mitterrandliebling Laurent Fabius, deutete sich am Freitag Kritik an den Vorschlägen des Parteichefs an. Den aber wird das kaum überraschen.

Seine Kehrtwendung ins Grüne unternimmt Pierre Mauroy zu einem Zeitpunkt, wo sich die Identitätskrise der französischen SozialistInnen so deutlich offenbart wie nie zuvor. Nach dem Wahlsieg Mitterrands im vergangenen Jahr hielten zunächst die zahlreichen darauffolgenden Wahltermine - allein zwölf im letzten Jahr - die Partei zusammen. Sie endeten schließlich mit einem Gesichtsverlust der Sozialisten bei den Europawahlen: Nur annähernd 23 Prozent der Stimmen gewann eine Partei, deren Präsident und Premierminister sich in der Bevölkerung größter Beliebtheit erfreuen. Die Schlußfolgerung lag damit nahe, daß die Franzosen wohl noch Mitterrand und Rocard, aber kaum mehr die sozialistische Partei stützen; daß die Politik von Regierung und Präsident schon nicht mehr als sozialistisch identifiziert wird.

Breite Verstimmung in der Partei verursachen zudem die allzu aufdringlichen Bemühungen der potentiellen Mitterrandnachfolger Fabius, Rocard oder Jospin, die Partei allein zu ihren persönlichen Karrierediensten zu vereinnahmen. Erstmals wird wieder deutliche Kritik laut, daß sich der Parteiapparat den monarchistischen Strukturen der fünften Republik angepaßt habe.

Auf diesen Sockel parteiinterner Entfremdung mit Regierung und Führerkult hat sich nun Pierre Mauroy gestellt, um der Partei einen neuen Weg zu weisen. Schon sorgt sich Erziehungminister Jospin, daß sich in den Reihen der Sozialisten eine Opposition zur Regierung bilde. Pierre Mauroy steht an ihrer Spitze. In Lille ist er bereits Bürgermeister einer rot-grün regierten Stadt.

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