: Altlast auf der leichten Schulter
■ Unter dem geplanten Gewerbegebiet Horn liegt eine 9 Hektar große Müllhalde: Altlasten
Den AnwohnerInnen in Horn-Lehe ist es ein vertrautes Bild: Die H.H. Meier-Allee hört am Riensberg abrupt auf. Der Gedanke liegt nahe, daß es für die Stadtplaner keine Dauerlösung sein kann, wenn eine vierspurige Straße ins Leere führt, und tatsächlich bestehen für das Gelände zwischen Riensberger Friedhof und Kleingärten / Universität vielfältige Planungen: Hier soll das „Gewerbegebiet Horner Spange“ entstehen und die Straßenbahnlinie 6 erweitert werden, um eine Verbindung zur Universität herzustellen.
Auf der bevorstehenden Sitzung des Beirats Horn-Lehe am 14.9. sollen jetzt die Pläne für die Straßenbahntrasse besprochen werden, einen Kostenvoranschlag gibt es schon.
Doch was man bei all diesen Planungen unter den Tisch fallen ließ: Unter der Wiese, die Gegenstand der Planungen ist, liegt eine neun Hektar große und 2,5 Meter
mächtige „Altlast“ - Hausmüll, Bauschutt und unbekannte Stoffe. Diese wurde im Bericht der „Arbeitsgruppe Altlasten“ des Senators für das Bauwesen in die Gefährdungsstufe III (gewisses Gefährdungs-Potential) eingestuft. Dem Beirat gegenüber wurden die Planungen bisher nur im Lichte der günstigen Verkehranbindung dargestellt, ohne die Altlast und die von ihr ausgehende mögliche Gesundheitsgefährdung auch nur zu erwähnen.
Ulrich Barth, SPD-Mitglied des Beirats, beschwert sich: „Schon vor vier oder fünf Jahren hat man hier eine Straße geplant. Auch die Planung des Gewerbegebietes läuft ungefähr seit 1982, der Plan für die S-Bahn ist eineienhalb Jahre alt. Dennoch haben die vom Stadtplanung nie ein Wort über die Altlast verloren!“
„Keine Sorge“, ist dagegen das Motto des Referenten Manfred Paape beim Bausenator. Nach seinen Angaben sind die Planun
gen für S-Bahen und Gewerbegebiet noch „Zukunftsmusik“. Paape: „Wenn die Planungen einmal soweit fortgeschritten sind, muß man sehen, welche Maßnahmen man ergreift - wie z.B. Boden auskoffern, austauschen oder die Trasse einfach darum herumführen.“ Die AnwohnerInnen und auch die Interessenten am geplanten Gewerbegebiet müssen sich also darauf verlassen, daß man sich „zu gegebener Zeit“ schon um den Müll kümmern wird. Adolf Pösel, bei der Senatorin für Umwelt und Stadtentwicklung zuständig für Altlasten, versucht zu beschwichtigen. Die Altlast sei den Behörden bekannt, doch seien die Planungen noch in einem Stadium, in dem man sie noch nicht berücksichtigen müsse. Es bestehe ein eingespieltes, formales Verfahren, in dessen Verlauf man sie selbstverständlich noch berücksichtigen werde. Die Planungsbehörden seien dazu verpflichtet, bei ihrer
Arbeit Einsicht in das Altlastenkataster zu nehmen.
Ganz so eingespielt scheint dieses Verfahren jedoch nicht zu sein - Herr Wenke, der beim Amt für Straßenbau für den Entwurf der Staßenbahnverlängerung verantwortlich ist, gibt zu, ihm sei nichts über die Altlast auf dem Gelände am Riensberger Friedhof bekannt. Dies, obgleich für ihn die Planungen viel konkreter zu sein scheinen als für Paape und Pösel, erwartet er doch eine Entscheidung über das Konzept bis zum Ende des Jahres.
Auf der Beiratssitzung am 14.9. wird Barth die Problematik der liegengelassenen Altlast in die Diskussionen einbringen. Seine Forderung geht dahin, die Planungen vorerst einzustellen und sofort genauere Untersuchungen der Altlast vorzunehmen. Bevor Stadtplaner für den Papierkorb arbeiten, ist hier zu ermitteln, ob und wie des Gelände saniert werden muß. G.T
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen