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Lieber Abschieber

Momper schickt Totalverweigerer in den Knast  ■ K O M M E N T A R

Walter Momper ist ein lieber Mann. Seit dem 9. November hat er es ganz doll mit Friede/Freude/Eierkuchen, das Leben in Berlin wird immer schöner, ganz volksnah, selbst das Wort „geil“ verschmäht er nicht. Ganz besonders gern betont der Sozialdemokrat sein Engagement für den Frieden. So schrieb er im Fragebogen einer Stadtzeitung, daß er den Volksentscheid der Schweizer über die Abschaffung der Armee für „die zweitbeste Idee des Jahrzehnts“ halte. Die Friedensbewegung sei für ihn die „Kampagne der Achtziger“. In einem Brief an den Totalverweigerer Gerhard Scherer, der nun durch Amtshilfe des Senats in den westdeutschen Knast ausgeliefert werden soll, schrieb der Regierende: „Ich persönlich wie der gesamte Senat arbeiten für den Friedens und Abrüstungsprozeß in Europa. Wir wollen eine Welt ohne Waffen.“

Im richtigen Leben allerdings ist es mit dem Friedensengagement nicht weit her: Totalverweigerer, die weder Wehr- noch Zivildienst leisten und West-Berlin wegen seines entmilitarisierten Status als Fluchtpunkt nutzen, werden nun in die BRD ausgeflogen. Der besondere Status der Stadt wird durch Mompers Politik ausgehöhlt, sein Reformsenat verhält sich christdemokratischer als der Ex-CDU -Senat, der die Auslieferungen eingestellt hatte. Mit der Einschaltung der Alliierten, die nun ihr O.K. für Abschiebungen gaben und der Argumentation der „Rechtseinheit mit dem Bund“ könnte nun durch die Hintertür sogar die Einbeziehung West-Berlins in das westdeutsche Militärsystem erfolgen. Der juristische (und politische) Spielraum, den die alliierten Bestimmungen lassen, wurde vom Senat nicht genutzt, statt dessen ließ man sich die gewünschte Verfahrensweise bestätigen. Das war absehbar: schließlich sind die Schutzmächte ja auch bloß Militär und sicher nicht an einer Insel voll penetranter, praktizierender Pazifisten interessiert.

Hans-Hermann Kotte

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