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Reformmodell am Lateinamerika-Institut

■ Acht StudentInnen des LAI haben ein Konzept für einen Regionalstudiengang „Lateinamerikastudien“ entworfen / Neue Inhalte und neue Form

Auf positiven Widerhall stieß beim Wissenschaftssenat der von acht StudentInnen des Lateinamerika-Instituts (LAI) ausgearbeitete Entwurf zum Regionalstudiengang „Lateinamerikastudien“. Die StudentInnen konzipierten diesen Studiengang im Rahmen eines im Streiksemester 88/89 gegründeten Autonomen Seminars. Mit diesem Projekt soll eine konstruktive Antwort auf die weitverbreitete Unzufriedenheit über die gegenwärtigen Studienmöglichkeiten am LAI gegeben werden. Grundsätzlich aufgeschlossen bezüglich des studentischen Vorhabens zeigte sich der für die Belange des LAI zuständige Vizepräsident der FU, Hellmuth Bütow, in einem ersten auf Senats initiative erfolgten Gespräch mit den StudentInnen.

Der Entwurf sieht eine dem Grundstudium vorgeschaltete Orientierungsphase mit integriertem intensivem Spracherwerb in den ersten zwei Semestern vor. Außer dem Spracherwerb sollen in dieser Phase erste Kenntnisse wissenschaftlicher Arbeitsweise vermittelt werden. Darüber hinaus soll über den Kontakt zu verschiedenen Disziplinen eine tendenziell endgültige Fächerauswahl für das eigentliche Studium ermöglicht werden. Dabei könnten die StudentInnen bei Realisierung des Projekts aus zehn Fächern ihre zwei Wunschdisziplinen auswählen.

In den beiden auserkorenen Fächern sollen nun innerhalb des viersemestrigen Grundstudiums fundierte wissenschaftliche Kenntnisse erworben werden. Ergänzend zu dieser fächerspezifischen Ausbildung sollen interdisziplinäre Projektkurse angeboten werden, in denen StudentInnen und DozentInnen verschiedener Disziplinen dann gemeinsam Themen fachübergreifend bearbeiten. Neu an diesem Studiengang ist auch das Praxissemester, das als Bindeglied zwischen Grund und Hauptstudium erste Berufs- und Auslandserfahrungen vermitteln und damit die Ausrichtung des Hauptstudiums erleichtern soll. Im ebenfalls auf vier Semester geplanten Hauptstudium sollen die im Grundstudium erworbenen Fachkenntnisse vertieft und eine weitere Sprache erlernt werden. Zusätzlich soll in einem interdisziplinären Kolloquium die Abschlußarbeit vorbereitet werden.

Selbstredend läßt sich ein solch umfassendes Konzept nicht in eine Magisterstudienordnung packen. Grund genug für die StudentInnen, einen Diplomstudiengang zu postulieren, zumal laut Vorlage die Möglichkeit, „Lateinamerikastudien“ als Magisternebenfach zu studieren, nicht versagt bliebe. Ein Diplomstudiengang böte durch seine einheitliche Studienordnung auch den Vorteil der größeren Überschaubarkeit gegenüber einem Magisterstudiengang, der durch das zweite Hauptfach beziehungsweise die beiden Nebenfächer an mindestens eine weitere Studienordnung gebunden wäre.

So hält auch der neue Lateinamerikanistikprofessor in spe, Carlos Rincon, das Projekt für „absolut notwendig“ und zukunftsträchtig, zumal sich dadurch die derzeit recht lauen Berufsaussichten für Studenten entscheidend verbessern ließen. Im allgemeinen steht der Lehrkörper am LAI dem Projekt bisher noch gespalten gegenüber. Von Ablehnung aus formalen Gründen bis zu Begeisterung sind fast sämtliche Meinungsspektren vertreten. Die StudentInnenschaft zeigte sich allerdings einhellig begeistert, zumal das jetzige literaturwissenschaftlich ausgerichtete Lateinamerikanistikstudium weiterhin betrieben werden könnte.

Eine breitere, uniweite Diskussion ist durch eine umfassende Neuauflage der Diskussionsvorlage „Lateinamerikastudien“ überdies gesichert. Nicht zuletzt werden mit dem Leiter der Abteilung V der Universitätsverwaltung (zuständig für Lehre und Studium), Traugott Klose, auf Vermittlung von Vizepräsident Bütow Gespräche über die Angleichung der Vorlage an die formalen Studienordnungsrichtlinien geführt.

Martin Ling

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