Karikaturistin

■ Marie Marcks in der Angestelltenkammer

Bemerkenswert schwappen Frauenwellen über Stellwände und Leinwände der Angestelltenkammer. Eine Holländerin, die über Filmlesben nicht nur redete, die hatte mich schon im November in den rotgelackten Rahmen des Gebäudes in der Bürgerstraße verblüfft. Was die alles anstellen, um Präsenz von Frauen zu suggerieren.

Kleinkunst und Konzerte, Kabarett und Karikaturen -Künstlerinnen gibt man gern den breiten, undiskutierbaren und stillen Vorraum des Kammer-Neubaus. Auch der spitzen, liebevollen Feder und der Tusche von Marie Marcks. Ist sie doch nicht nur Tochter des berühmten Bildhau

ers Gerhard Marcks, vielmehr kann sie auch was.

Akribisch und unverwechselbar fängt sie den Blick des radikalisierteren Bürger-Spektrums in detaillierten Andachts -Bildern. Ihr Stil ist sehr geschlossen und der Strich läßt die Silhouetten der Figuren nicht flattern. Nicht Flüchtiges Momenthaftes fängt er ein, sondern konstituierende Grundmuster unserer lieben Gesellschaft.

Diese ist beispielhaft angeordnet, witzig und über den oder die Einzeldeutschin hinweg als Bürolandschaft, als Zerstörungsfeld für Techno-Spiel, oder als heimatliche Wohnküche voll Sprechbläschen mit allem Aberwitz lesbar. Rüstungsstarrendes

Krater-Vaterland mit fragendem boy, bulldozernde Kleinbauern vor salbungsvoll sprechblasendem Stadtrat, vielfachbelastete Mehrzweck-Frauen, geniale und schnittige Bewerberinnen um Männerjobs und ihre imaginären Rächerinnen-es ist frappierend wie nah die Realität in der Angestelltenkammer an der Kultur ist, die sie sich leistet. Irgendwie pervers'die Jungs.

Marie Marcks jedenfalls ist einen Spazier-Radel zur Goldkammer wert. In ihr kann mensch die Pechmarien gerahmt betrachten. Nicht zuletzt das Phönixen-Paar, auf der Pegasus -Stute den heischenden Herren entspringend.

gürt