Vom Nachttisch geräumt

■ BRD: Philippe Despoix "Der deutsche Historikerstreik aus mitteleuropäischer Sicht"

Thomas Asperger zitiert die Kontrahenten des Historikerstreites Habermas und Nolte und kommt zu dem Schluß: „Die geschraubte Redeweise macht den komischen Aspekt des Historikerstreits aus.“ Er weiß, daß das nicht alles ist und fährt fort: „Die Wortwahl ist vornehm abgehoben von Genickschuß und Gaskammer.“ Im selben Buch schreibt der ungarische Philosoph Mihaly Vajda über die Bundesrepublik, was hier fast alle Intellektuellen über sie sagen: „die Bundesrepublikaner mit ihrer wichtigen, kulturell aber gesichtslosen Rolle im einheitlichen Westeuropa“. Ein paar Seiten weiter bei den beiden tschechischen Historikern Jan Kren und Vaclav Kural ein interessanterer Gedanke, den bei uns kaum jemand zu denken, geschweige denn niederzuschreiben wagt: „Es zeigt sich, daß eine durchdringende Kritik am Nationalsozialismus, eine ehrliche, wenn auch nicht gerade angenehme nationale Selbstkritik, die im Fall der Bundesrepublik zu den geistigen Spitzenleistungen dieses Jahrhunderts in Europa gehört, die einzige zuverlässige Basis bildet, auf der ein Volk seine Politik aufbauen kann.“ Hoffen wir, daß die beiden Herren aus Prag recht behalten und die BRD auf diesem Gebiet mindestens so gut ist wie im Anlagenbau. Arbeiten wir dafür.

Philippe Despoix, Der deutsche Historikerstreit aus mitteleuropäischer Sicht, Junius-Verlag, 102 Seiten, 12 DM