: Unter Wert verkauft
■ S T A N D B I L D
(Willkommen im Club, Do., 24.5., ARD, 21.30 Uhr ) An diesem bunten Fernsehabend muß bei der ARD die „Einschlafquote“ (K. Dall) ins Unermeßlich gestiegen sein. Erst Max Schautzer mit seiner müden Show um Pleiten, Pech und Pannen und dann der schläfrige Juhnke, sowas von seriös und stocknüchtern, daß von einer Gähn-Manipulation zu sprechen nicht unziemlich sein darf. Das frühere enfant terrible des „Metiers“ macht heute auf „elder showman“. Indessen steht ihm solch Buchhalter-Gehabe überhaupt nicht, genauso wenig wie dieser entstellende Seitenscheitel, den Oskar Lafontaine ihm abgucken zu müssen meinte.
Das Programm von Willkommen im Club orientiert sich ein wenig an den Kabaretts der wilden Fuffziger, in denen witzige Conferencen, Artistik, Showeinlagen, Kleinkunst und vieles mehr nebeneinander bestanden und zur Unterhaltung des Publikums beitrugen. Leute wie Heinz Erhardt, Peter Frankenfeld und Werner Finck sind auf den Varietebühnen groß geworden. Ein Programm aber wie das an diesem Abend gebotene hätte sich in keinem Theater lange gehalten. Da war ein antiquiert anmutendes Fernsehballett mit wiederverwerteten Kostümen vermutlich von der Silvesterfeier 1969/70. Peter Kraus präsentierte seimige Schlager, die kackfrech als Rock'n'Roll angepriesen wurden, aber so kreuzbrav waren, daß jeder katholische Jugendgruppenleiter froh wäre, wenn die ihm Anbefohlenen nur solche Musik hören würden. In tumben Sketchen verkauften sich Leute wie Uwe Friedrichsen und Heidi Brühl weit unter Wert. Auch der Jutesack-Heino Klaus Hoffmann gehörte zum Aufgebot und wurde von Harald Juhnke als „mein Freund“ offeriert. Ich hege den Verdacht, daß er dabei von väterlichen Gefühlen geschüttelt wurde, denn das von Hoffmann durch die Kulissen getragene alkoholgetränkt -schwammige Gesichtsoval wird dem seinen, also Juhnkes, immer ähnlicher. Einziger Lichtblick in den trüben sechzig Minuten war Ofra Haza mit ihrer Band, aber in diesem Kreis auch schon wieder von so unpassender Exotik, daß sie einem schier leid tun mochte.
Kurz vor dem Dahindämmern meine ich noch im Abspann wahrgenommen zu haben, daß so um die fünf Autoren am Buch dieser Sendung beteiligt waren - nicht zu fassen! Selbst ein einzelner hätte sich schon Einfallsarmut vorwerfen lassen müssen; bei fünfen reduzieren sich die beigetragenen Ideen ja auf Elementarteilchenumfang! Angesichts dieses Elends verwundert es denn doch nicht, daß sich Deutschland „couch potatoes“ lieber massenhaft Tutti Frutti oder Dall-As reinziehen - da gibt es wenigstens gelegentlich etwas zu lachen. Dabei könnte Juhnke tatsächlich den Entertainer abgeben - nur bräuchte er zu diesem Behufe bessere Texte und ein bißchen mehr Tempo. Gebt ihm endlich seinen Champagner wieder!
Herr Dittmeyer
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