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Sachsen verdient bessere Verfassung

Bürgerbewegungen in Sachsen fordern beschleunigte, intensive Verfassungsdiskussion/ Alternativ- entwurf sächsischer Hochschullehrer vorgestellt/ Joschka Fischer im sächsischen Wahlkampf  ■ Aus Dresden Detlev Krell

Die SpitzenkandidatInnen der sächsischen Liste Neues Forum/Bündnis/Grüne haben ihren potentiellen WählerInnen Hausaufagaben aufgegeben. Höchste Eile ist geboten, doch noch eine demokratische Verfassungsdisskusion in Gang zu bringen. Deshalb riefen sie auf ihrer Wahlveranstaltung am Sonntag im Deutschen Hygienemuseum dazu auf, über die vorliegenden Entwürfe mit vielen BürgerInnen zu sprechen und mitzuhelfen, eine öffentliche Sensibilität für ein so trockenes Thema wie die Landesverfassung herauszubilden.

Die Bürgerbewegungen wollen in diesen Tagen den bisher nahezu unbekannten Entwuf der sächsischen Hochschullehrer als eine denkbare Alternative zum konservativen Gohrischen Entwurf vorstellen. Eines ihrer zentralen Wahlkampfziele ist, die Inkraftsetzung des von einer baden- württembergischen-sächsischen Kommission erarbeiteten Gohrischen Entwurfes, benannt nach seinem Entstehungsort in der Sächsischen Schweiz, dahingehend zu verändern, daß sie nur für eine Frist von etwa drei Jahren gilt, währenddessen in der Öffentlichkeit weitere Vorschläge diskutiert und schließlich Alternativmodelle einem Volksentscheid vorgelegt werden können. Dafür hat auch eine Unterschriftensammlung begonnnen. Gemeinsame Auffasung der in der Liste vereinten Bewegungen ist, wie Spitzenkandidat Dr. Martin Böccger (Neues Forum) erkärte, daß die bisher vorgestellten Regelungen über die Volksgesetzgebung, über die Wahl von Bürgerbeauftragten, über die Gewährung der Akteneinsicht, die Gleichstellung von Minderheiten, zwar gut ins Grundgesetz passen, aber hinter den vielen basisdemokratischen Verfassungsdisskuionen weit zurückbleiben.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Joschka Fischer, der zu Beginn seiner Wahlkampftour in Dresden Station machte, befürchtet, daß in den neuen deutschen Ländern aus berechtigten kurzfristigen Interessen heraus entscheidende Fehler der BRD nachgemacht werden, sei es in der Verkehrspolitik, sei es beim Abbau demokratischer Rechte. Prägnantes Beispiel sei der unter CDU- Regie und SPD-Duldung durchgedrückte Staatsvertrag. Um so dringender sei geboten, wie der Gast zusammenfaßte, heute die demokratischen Mechanismen in die Landesverfassung einzubauen.

Auf Wohlstandsversprechungen wie die anderer Parteien ließen sich die sächsichen Bürgerbewegungen an diesem Wahlkampf-Wochenende nicht ein. Stattdessen benannten sie die Arbeit, die nur von den BürgerInnen selbst zu leisten sein wird. Neues Forum/Bündnis/Grüne sehen die „Flußfahrt Sachsen 1990“ in ihrer Wahlzeitung so: „Inzwischen ist der Abschnitt der Stromschnellen und Strudel erreicht, Untiefen lauern und Wasserfälle sind in Sicht. Die Passagiere müssen ihre Zukunft weitgehend selbst in die Hände nehmen“.

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