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Blaue Olympiaaugen

■ Berlin bewirbt sich — und die AL sagt jein KOMMENTAR

Am 19. November, wenn sich vermutlich im Reichstag die Nationalen Olympischen Komitees der ehemaligen Teilstaaten vereinigen, kann Walter Momper nun feierlich die Bewerbung Berlins erklären — als Pensionierungsgeschenk für den greisen Willi Daume. Die Chefsache »Olympia 2000« duldete keinen Aufschub, wie ihn die mitregierende AL wegen »demokratischer Planungskultur« forderte. Schließlich will das NOK schon im April nächsten Jahres über den deutschen Bewerber entscheiden. Die Olympiabewerbung der im Dezember neu zu wählenden Regierung zu überlassen hätte massive zeitliche Verzögerungen bedeutet. Schlecht für das Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem ernsthaften Konkurrenten Ruhrgebiet — zumal die diesjährige Entscheidung gegen Athen 1996 zeigte, daß Symbolismus im olympischen Busineß nichts mehr zählt. Wer gewinnen will, muß möglichst schnell viel Geld für Eigenwerbung, IOC-gemäße Konzepte und die Bestechung der alten Herren der fünf Ringe bereitstellen.

Letztlich war die Idee der AL von »anderen« Spielen nichts als Blauäugigkeit. Sie wollte von Anfang an weder konsequent ja noch nein sagen und rettete sich in vage Hoffnungen. Als im Juli der AL- Sportstaatssekretär Kuhn geschaßt wurde, weil er Daume nicht paßte, war eigentlich klar, wie der Hase laufen würde. Des Einflusses auf Olympia weitgehend beraubt, setzte die AL auf Zeit. Womöglich dachte man, daß es gelingen könnte, die Bewerbung auf das Jahr 2004 zu verzögern. Die Kritik am mangelnden Einfluß von Berlin in der Olympia-GmbH war nur noch ein Rückzugsgefecht. Die AL-Senatorinnen stimmten einfach nicht mehr mit oder enthielten sich wie gestern. Mit der Megakröte Olympia ist die rot- grüne Koalition endgültig vorbei. Aber auf die AL ist Momper ja auch schon nicht mehr angewiesen. Hans-Hermann Kotte

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