piwik no script img

Der große Fluch des kleinen Wuchses

■ Die BG Charlottenburg schied gegen Cibona Zagreb mit 78:94 aus dem europäischen Korac-Cup aus

Um Entschuldigungen war Mirko Novosel, Trainer des mit Weltmeistern gespickten Basketball-Teams von Cibona Zagreb, nicht verlegen, als seine langen Burschen Anfang des Jahres überraschend ihr Europacup-Heimspiel gegen die BG Charlottenburg aus Berlin verloren hatten. Sie hätten sich halt von ihrer Silvesterfeier noch nicht erholt gehabt, ließ er verlauten, was dem Berliner Coach Faruk Kulenovic wiederum die kaum vorhandenen Haare zu Berge stehen ließ. Seine Leute hätten auch Silvester gefeiert, enthüllte er trotzig, und im übrigen saugut gespielt.

Das Rückspiel am Mittwoch in der Charlottenburger Sporthalle ließ eher die Version des Jugoslawen aus Jugoslawien plausibel erscheinen, als die des Jugoslawen aus Berlin. Von rund dreihundert begeisterten Landsleuten, die hingebungsvoll kroatische Fahnen schwenkten und sich die Kehlen mit an die Berliner adressierten „Auf Wiedersehn! Auf Wiedersehn!“- Chorälen heiser brüllten, vorangetrieben, gingen die Jugoslawen diesmal hochkonzentriert zu Werke. Während die 2.500, anfangs ebenfalls vergnügt lärmenden, nicht-kroatischen Zuschauer in der Halle sukzessive an Phonstärke verloren, türmten die Lulatsche aus Zagreb Korb auf Korb.

Nix war's mit einem Blitzstart, wie ihn die Berliner gegen Tel Aviv hingelegt hatten, die aufmerksame Deckung der Gäste ließ sie kaum zum Wurf kommen, und wenn sie sich doch mal freispielen konnten, waren sie oft zu nervös und scheiterten an der verantwortungsvollen Aufgabe des Korblegens. Weder der Amerikaner Calvin Oldham, noch der sonst so elegante und treffsichere Zoran Radovic, der von den jugoslawischen Besuchern ebenfalls mit rauschendem Beifall empfangen worden war, kamen wie gewohnt zum Zuge, obgleich sich Radovic zum Schluß mit 22 Punkten noch als erfolgreichster Werfer seines Teams profiliert hatte.

Beide Mannschaften waren zuvor punktgleich gewesen, wer in dieser Gruppe gemeinsam mit den souveränen Italienern aus Caserta ins Viertelfinale des Korac-Cups einziehen wollte, mußte schon gewinnen. In den ersten fünf Minuten konnte Charlottenburg noch einigermaßen mithalten, aber dann zog ihr Gegner Punkt für Punkt davon. Der 2,15 Meter große Koloß Franjo Arapovic, Liebling aller Kroaten, mußte sich zwar von einer kompetenten Zuschauerin als „technischer Vollidiot“ enttarnen lassen, ließ aber dafür die anstürmenden Berliner Spieler einfach an seiner gewaltigen Körpermasse abprallen. Seine Mitstreiter Danko Cvjeticanin und Zdravko Radulovic legten derweil bei ihren Würfen eine geradezu päpstliche Unfehlbarkeit an den Tag.

Zur Halbzeit stand es 38:43, und danach kam es besonders dick für Berlin. Binnen acht Minuten baute Zagreb seinen Vorsprung auf 67:46 aus, und da half es auch nichts mehr, daß es Oldham kurz vor Schluß mal mit einem Fausthieb versuchte, nachdem ihm ein Gegenspieler dreist auf die Finger gehauen hatte. Die BG verlor 78:94 und verabschiedete sich damit aus dem Europacup.

„Es macht schon was aus, wenn die gegnerischen Spieler im Durchschnitt 51 Zentimeter größer sind“, haderte Matthias Strauss mit der Kleinwüchsigkeit seines Teams, das nur eine Durchschnittsgröße von läppischen 197,5 Zentimetern aufweist — jeder Zollstock hat mehr zu bieten. Mit solchen Zwergen ist natürlich kein Blumentopf zu gewinnen, und Silvester ist leider auch nicht alle Tage. Matti Lieske

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen