: Tour d'Europe
■ Im Schatten des Krieges
Griechenland soll nach einem Beschluß der EG-Finanzminister eine Zahlungsbilanzhilfe in Höhe von 4,4 Milliarden D-Mark erhalten. Zwei Milliarden D-Mark gibt's sofort, die folgenden Tranchen sollen erst nach Prüfung griechischer Bemühungen um eine Wirtschaftsreform verteilt werden. Verschiedene EG-Mitgliedsländer zweifeln noch an den Reformbemühungen. Die Deutschen kritisierten außerdem, daß Griechenland die Umsetzung des vierten Finanzprotokolls der EG mit der Türkei blockiert, wonach die EG Ankara 1,2 Milliarden D- Mark zugesagt hat. Griechenland müsse den „politisch moralischen Zusammenhang“ erkennen zwischen der Hilfe der Gemeinschaft für die von der Golfkrise betroffenen Staaten — darunter auch die Türkei — und der Solidarität der Partner, indem sie Griechenland bei der Überwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten unterstützen. Soweit nach 'afp‘ der Staatssekretär im Finanzministerium, Horst Köhler.
Ankara (taz) — Seit dem 11. Februar sitzt Erol Özbolat — wegen des Verdachts der Beteiligung an einem politisch motivierten Mord — ohne Kontakt zur Außenwelt im Knast. Er hatte sich freiwillig im Beisein von sozialdemokratischen Abgeordneten und einem Anwalt den türkischen Behörden gestellt, um seine Unschuld zu beweisen. Tagsüber wird er von der Staatsanwaltschaft verhört, nachts hält ihn vermutlich die politische Polizei fest. So berichten es seine Angehörigen und amnesty international. Sie fürchten, daß er mißhandelt wird. Zwar ist in der Strafprozeßordnung gewährleistet, daß sich ein Gefangener während der gegen ihn geführten Ermittlungen mit einem Rechtsbeistand beraten kann. Sowohl Polizei als auch Staatsanwaltschaft ignorieren jedoch regelmäßig diesen Paragraphen. Die Türkei hat sowohl die Europäische Antifolterkonvention als auch das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter ratifiziert.
amnesty international ruft dazu auf, Appelle an die türkische Regierung zu richten, mit der Forderung, Erol Özbolat sofort mit seiner Familie und einem Anwalt in Verbindung treten zu lassen, ihn nicht zu foltern und die gegen ihn erhobenen Anklagepunkte mitzuteilen:
An Turgut Özal, Präsidialamt,
Devlet Baskanligi,
Ankara-Türkei
Athen (taz) — Es gibt nicht die Spur eines Beweises gegen Jannis Bouketzidis, Spyros Kojannis und Rosa Maria Bergner. Trotzdem schmoren die drei Griechen seit Ende November im Staatsgefängnis Korydallos wegen des Verdachtes terroristischer Aktivitäten in einer Art Isolationshaft, strengstens bewacht von Männern der Antiterrorabteilung. Seit zwei Wochen hungern sie für ihre Freilassung.
Bisher fanden es die griechischen Behörden nicht nötig, den Inhaftierten zumindest die Anklageschrift vorzulegen. Die Anhörung von Entlastungszeugen wurde den Gefangenen verweigert, der Kontakt zur Außenwelt besteht nur über die spärlichen Besuche ihrer Anwälte. Grundlegende Bürgerrechte wie Einsichtnahme in Anklageunterlagen werden den Gefangenen aufgrund eines Paragraphen im griechischen Strafrecht verweigert. Nach Meinung von Justizexperten widerspricht dieser Paragraph eindeutig der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1974, die Griechenland mitunterzeichnet hat. stadler/bel
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