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Wasser auf die Mühlen der Islamisten

Für Jordaniens islamistische Bewegung ist durch den Golfkrieg die Front der Muslime gegen den Westen zementiert worden  ■ Aus Amman Karim El-Gawhary

„Der Westen denkt, der Nahe Osten sei eine Kuh ohne Hörner, die immer freundlich ist und die man melken kann“, konstatiert Hammam Said, einer der bekanntesten jordanischen Islamisten verbittert. Der 50jährige sieht aus, wie man sich einen radikalen islamistischen Prediger vorstellt: mit würdiger Haltung, langem Bart und einer weißen Kopfbedeckung. Zwei lebhafte Augen blicken mir entgegen, sie scheinen Optimismus auszustrahlen: „Die Zukunft ist auf der Seite der Muslime und Araber.“ Dies drückt er mit demselben Selbstbewußtsein aus, mit dem er jeden Freitag in der großen Moschee gleich neben dem Universitätsgelände in Amman vor überwiegend studentischem Publikum predigt. „Nein“, betont er ohne zu zögern, „Frieden und Sicherheit wird es für den Westen in unserer Region nicht geben, eher eine Explosion, denn der Westen ist dumm und nicht klug.“

Er braucht auch nicht lange, um zu beschreiben, wen diese Explosion treffen wird: „Früher haben wir gedacht, Washington mit seinem verwöhnten Kind Israel sei unser Feind. Jetzt sehen wir klarer, daß sich Europa und selbst die Sowjetunion durch nichts von den USA unterscheiden.“ Alle bisher zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts gemachten Vorschläge lehnt der Parlamentsabgeordnete rundweg ab. Selbst die Gründung eines Palästinenserstaates auf dem Boden der von Israel besetzten Gebiete akzeptiert er nicht. „Wir feilschen nicht um unser Land“, erklärt er eindeutig. Solange Israel existiert, gibt es für ihn keine Lösung. Das Problem mit den Juden sei nicht das Problem der Palästinenser, winkt er ab. Sie sollen wieder von den Staaten aufgenommen werden, aus denen sie herkommen, ist seine Forderung.

Hammam Saids Partei, die „Islamische Bewegung“, ist aus den ersten freien Wahlen in Jordanien vor weniger als zwei Jahren mit ungefähr 30 Prozent als die größte Gruppe im Parlament hervorgegangen. Viele Palästinenser, die über die Hälfte der Bevölkerung in Jordanien ausmachen, hatten sie damals gewählt; nicht alle aus Überzeugung über die radikale islamistische Weltanschauung der Partei. Oft machten sie Kreuze hinter dem Namen der Partei, weil es Leute wie Hammam Said waren, die am lautesten die Intifada, den palästinensischen Aufstand, unterstützt hatten.

Die Partei verfügt über die besten Kontakte zur palästinensischen islamistischen Bewegung „Hamas“ (Enthusiasmus), die in den besetzten Gebieten immer mehr Zulauf bekommt. Besonders im Gaza-Streifen hat diese Gruppe inzwischen der PLO den Rang abgelaufen. „Du brauchst gar keinen Vertreter der Hamas mehr interviewen“, versucht mich Azzam Tamimi, der Direktor des parlamentarischen Büros der „Islamischen Bewegung“ in Amman, zu überzeugen. Sie würden genau das gleiche sagen. Ein Blick in das Bücherregal des Büros unterstützt diese Aussage. Programme und Publikationen der Hamas wechseln sich mit den Parlamentserklärungen der jordanischen „Islamischen Bewegung“ ab.

„Diese islamistische Bewegung ist das Ergebnis der Unfähigkeit, die Palästinafrage zu lösen“, meint Sari Nasir, ein palästinensischer Professor für Soziologie an der Universität Amman. „Je größer die Demütigungen, desto mehr Menschen schlagen sich auf ihre Seite“, sagt er resigniert. Jahrelang haben die Palästinenser versucht, einen Dialog zu beginnen und eine friedliche Lösung anzuvisieren — nichts sei dabei herausgekommen. Mehr und mehr Menschen würden sich nun den radikalen islamistischen Gruppen anschließen. Die Linke als Alternative sei ein Fremdkörper für die Menschen, während die islamistischen Gruppen die Traditionen und den Ursprung der Gesellschaft repräsentierten, analysiert der in den USA ausgebildete Soziologe.

Der Uni-Prediger Hammam Said blickt daher erwartungsvoll in die Zukunft. Für ihn gibt es seit den letzten Tagen des Golfkriegs keine islamistische Bewegung mehr. Vor dem Krieg sei es ein Problem zwischen der islamistischen Bewegung und dem Westen mit dessen Freund Israel gewesen. Heute sei es ein Problem zwischen dem gesamten muslimischen Volk und dem Westen, erklärt er, während seine Augen aufstrahlen. Durch die letzten Kriegstage, in denen der Westen versucht hatte, das gesamte muslimische und arabische Volk bloßzustellen und anzufeinden, haben die Menschen nun das richtige Bewußtsein. „Wir sind es, die vom Golfkrieg profitieren, und wir danken Mr. Bush dafür“, schließt er mit einer Dankesgeste und einem siegessicheren Lächeln. Dagegen wirkt der Soziologe Nasir deprimiert: „Solange die Palästinafrage nicht gelöst ist, wird es Krieg in dieser Region geben“, sagt er düster. Und er fürchtet, daß sich der Westen nun wieder zurücklehnen wird, weil er glaubt, es sei Frieden in der Region.

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