PORTRAIT: Die Nummer drei des Baath-Regimes
■ Ministerpräsident Saadoun Hammadi rangiert erst hinter Saddams Stellvertreter Ramadan
Saadoun Hammadi ist seit Samstag zwar Ministerpräsident, bekleidet damit aber nicht den zweithöchsten Posten innerhalb des Baath-Regimes. Nummer zwei ist nach wie vor Taha Yassin Ramadan. Er war zuvor Erster Stellvertretender Ministerpräsident. Mit dem Rücktritt Saddam Husseins von diesem Posten ist er gleich mit aufgestiegen und seit Freitag Stellvertreter des Präsidenten.
Innerhalb des engen Spektrums der Baath-Partei scheinen Hammadi und Ramadan an entgegengesetzten Polen zu stehen — soweit man die angesichts des strikten Stillschweigens über das Innenleben der Partei und des Revolutionären Kommandorats (RCC), dem beide Politiker angehören, überhaupt ausmachen kann.
Der 61jährige Hammadi stammt aus einer wohlhabenden schiitischen Familie in Kerbala. Er studierte Wirtschaftswissenschaften an der Amerikanischen Universität von Beirut und in den Vereinigten Staaten. Nach seiner Rückkehr in den Irak in den fünfziger Jahren trat er in die Baath-Partei ein und wurde 1958 Mitglied der regionalen Führung. Zusammen mit Tarik Asis leitete er die Presseabteilung. Mit Ausnahme einer Unterbrechung seiner Parteiarbeit Anfang der sechziger Jahre blieb seine Karriere eng mit der Baath verknüpft.
Nachdem die Baath-Partei sich 1968 an die Macht geputscht hatte, wurde Hammadi Chef der nationalen Ölgesellschaft und zwei Jahre später Ölminister. Zwischen 1974 und 1983 bekleidete er den Posten des Außenministers; seit 1986 ist er auch Mitglied des RCC, dem — nach der Person Saddam Husseins — eigentlichen Führungsgremium. Mit Ende des irakisch-iranischen Krieges 1988 stand er als Staatsminister im Außenministerium seinem alten Mitstreiter Asis zur Seite, der die Friedensverhandlungen mit Teheran führte. Vorläufiger Höhepunkt seiner Karriere war der Posten des stellvertretenden Ministerpräsidenten, den er seit 1989 innehatte.
Saadoun Hammadi zählt innerhalb der irakischen Führung zu den sogenannten Intellektuellen, die auch das westliche Ausland aus eigener Erfahrung kennen. Während des Krieges gegen den Iran setzte er sich für eine Kompromißlösung ein. In den letzten Wochen vor Beginn der Bodenoffensive im zweiten Golfkrieg war er in diplomatischen Missionen in Teheran, Nordafrika und Jordanien unterwegs. Heute gilt er als einer derjenigen, die politische und wirtschaftliche Reformen im Rahmen des Regimes befürworten. In dieser Hinsicht liegt er mit dem Absteiger Asis auf einer Linie.
Im Gegensatz zu dem Schiiten Hammadi gilt der 1939 in Mossul geborene Sunnit Ramadan als ein Gegner jedweder Liberalisierungsbestrebungen. Er gehörte zu denjenigen, die sich vehement für einen allumfassenden Krieg gegen den Iran stark machten. Er zählt nicht zu den Intellektuellen mit Auslandserfahrung; soweit bekannt, arbeitete er bis 1980 in einer Bank.
Im Unterschied zu Hammadi kann er sich auf eine militärische Hausmacht stützen: Er ist Gründer des „Volksheeres“, der Miliz der Baath- Partei, die rund 450.000 Mitglieder haben soll. Von den einen wurde er in der Vergangenheit als „Kronprinz“ Saddam Husseins gehandelt, andere wiederum sahen in ihm einen potentiellen Putschisten. B. S.
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