piwik no script img

Data Domizil sorgt sich um Mieten

■ Vorschläge des Geschäftsführers von Data Domizil für die CDU zur künftigen Mietenpolitik

Berlin. Den BerlinerInnen geht's zu gut. Sie zahlen die niedrigsten Mieten in ganz Deutschland, sind weltweit am besten mit Wohnraum versorgt und ihr Einkommen ist das höchste in der ganzen Bundesrepublik. Diese unglaubliche Bevorzugung schreit zum Himmel und muß schleunigst beseitigt werden. Die Rede ist übrigens vom Westberliner Mieter. Denn der Ostberliner Mieter wird sowieso so kraß bevorzugt, daß seine Miete verzehnfacht werden müßte.

Der Herr, der diesen schrecklichen Zustand so treffend beschreibt, heißt Michael Kluge und kommt aus der Praxis. Aus der Praxis des »Investors im Wohnungsbau«, wie er sagt. Herr Kluge, sollte man hinzufügen, ist Geschäftsführer der Firma Data Domizil. Zur Erinnerung: Das ist die Firma, die berlinweit bekannt wurde, als sie vor zwei Jahren sechs Kreuzberger Mietparteien unter einem Vorwand von der Polizei aus ihren Wohnungen befördern ließ.

An diese unternehmerische Großtat erinnerte sich offenbar vor einiger Zeit die Mittelstandsvereinigung der Berliner CDU. In ihrem Namen bat ein Herr Dr. Frenzel die »lieben Parteifreunde« von der Data Domizil, doch ein paar Vorschläge für die »innerparteiliche Diskussion« zu unterbreiten. Und daraufhin verfaßte Kluge eben diesen Brief an die Arbeitsgruppe »Wohnungsbau, Mieten« der CDU.

Abgeschafft werden muß als erstes, meint Kluge darin, das Schreckgespenst für Investoren — die Mietpreisbindung. Zwar wurde die Mietpreisbindung bereits abgeschafft. Aber das hat Data Domizil merkwürdigerweise übersehen, vielleicht weil sie sich an solche einengenden Vorschriften sowieso nicht hält. Abgeschafft werden muß auch die gesetzliche Grenze bei Mieterhöhungen. Nicht fünf Prozent pro Jahr, sondern mindestens dreißig Prozent pro Jahr sind nötig - nur so schafft Berlin den Anschluß an Stuttgart und München.

Wenn eine Wohnung modernisiert wird, sollten nicht bloß elf Prozent der Baukosten auf die Miete umgelegt werden, vierzehn Prozent müßten es mindestens sein, außerdem muß der Mieter noch die Zinsen bezahlen sowie Rücklagen für spätere Reparaturen. Noch schlimmer ist der — völlig grundlose — Kündigungsschutz. »Es gibt« — so Originalton Kluge — »keine Wohnungsknappheit mehr, jeder hat die Möglichkeit, sich eine Wohnung zu marktgerechten Preisen zu suchen«. Wenn es keine Wohnungsknappheit gibt, fragt man sich allerdings, wozu Kluge überhaupt diesen Brief schreibt.

Weil, erfahren wir im nächsten Absatz, die Wohnungen nicht mehr lange reichen werden. Denn im Jahr 2000 steht uns Olympia ins Haus, womöglich auch der Einzug des Bundeskanzlers, da wird sich die Bevölkerungszahl Berlins verdoppeln, schätzt Kluge. 50.000 neue Wohnungen jährlich müßten gebaut werden, dafür aber auch mindestens 16.000 Wohnungen abgerissen werden. Ansonsten soll sich der Senat aus der Wohnungspolitik raushalten, meint Kluge. Schlimm genug sei es gewesen, daß der Senat neulich verboten hat, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Das Urbedürfnis des Menschen nach eigenen vier Wänden habe Vorrang.

»Es gehört sicherlich viel Mut dazu, derartige Thesen in die politische Diskussion einzubringen«, schließt Kluge. Mut, den die »lieben Parteifreunde« leider nicht besitzen. Denn Kluges Angebot, im Arbeitskreis »Wohnungsbau, Mieten« der CDU mitarbeiten zu dürfen, wurde nicht beantwortet. An den Brief der Data Domizil würde er sich noch nicht einmal erinnern, meint der baupolitische Sprecher der CDU, Rudolph Müller.

So wird das natürlich nie etwas mit einem ordentlichen Berliner Wohnungsmarkt. Eva Schweitzer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen