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„Schauprozesse“ und offene Türen

■ Justizbehörden öffneten ihre Türen und Aktendeckel/Prunkstücke aus der Asservatenkammer

“In der Bevölkerung herrscht noch immer viel Unbehagen und Fremdheit gegenüber der Justiz“, stellte Justizsenator Volker Kröning beim Tag der Offenen Tür am Samstag im Gerichtsgebäude an der Domsheide fest. Unter dem Motto „Justiz von Innen“ wollten Kröning und Justitia „Rechtspflege transparent machen“. „Die meisten Menschen empfinden die Justiz noch unangenehmer als Zahnarztbesuche.“

Dem rückten die Veranstalter mit einem geballten Informationsangebot zu Leibe. RichterInnen und Anwälte „spielten“ Sitzungen des Schöffengerichts, des Verkehrsgerichts und des Jugendgerichts nach. Die dritte Zivilkammer verhandelte sogar zwei „echte“ Fälle. Die Zuschauertribünen waren dabei voll besetzt.

Landgerichtspräsident Berndt Adolf Crane erklärte den Vorteil der „Schauprozesse“: „Sie bieten in kurzer Zeit einen informativen Überblick über das normale Pruzeßgeschehen. Das ist sonst selten möglich.“

Nie möglich ist das bei einer Sitzung des Familiengerichtes, das immer unter Ausschluß der Öffentlichkeit tagt. Am Samstag wurden hier ebenfalls die Türen geöffnet. Der kleine Verhandlungssaal war rappelvoll, als die Ehe der Schäfers routiniert geschieden wurde. Über das Sorge- und Besuchsrecht für die beiden minderjährigen Kinder waren sich die Krankenschwester und der kaufmännischen Angestellte schnell einig. Zum Streit und zu Tränen kam es bei der Regelung des Unterhaltes für Kinder und Ehefrau. „Das ist typisch“, erklärt der Familienrichter Heinrich Auffarth. „Beim Sorgerecht sind sich die Parteien in 80 bis 90 Prozent der Fälle sofort einig. Zum Streit kommt es, wenn es ums Geld geht.“ Besonders streitsüchtig seien Parteien mit durchschnittlichen oder hohem Einkommen. Oft würden hier Stellvertreterkriege für emotionale Verletzungen ausgetragen.

Aufsehen erregten die Beweisstücke der Kriminalpolizei aus der Asservatenkammer. Morgensterne, Wurfmesser und eine Kiste, in der 1988 ein Kind für zwölf Tage gefangen gehalten wurde, lehrte die Zuschauer das Gruseln. Verwaist blieben die Infostände des Notrufs für vergewaltigte Frauen und Mädchen und der Arbeitsgruppe gegen sexuellen Mißbrauch an Mädchen.

Hajo Oltmanns

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