: Ägyptische Ambitionen bremsen Bakers Pläne
Baker zur Visite bei Mubarak/ Kairo soll angeblich Gastgeber der Friedenskonferenz sein/ Mit harter Haltung in der Palästinafrage versucht Ägypten, seine verlorene Stellung als Führungsmacht der arabischen Welt wiederzugewinnen ■ Aus Kairo Ivesa Lübben
Während US-Außenminister James Baker gestern in Kairo mit dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak zusammenkam, wurden weitere Details seines Vorschlags für eine Nahost-Friedenskonferenz bekannt. So sollen an dieser Israel und seine unmittelbaren Nachbarstaaten teilnehmen — also nicht Saudi-Arabien, wie es noch beim letzten Besuch Bakers in Kairo vor zehn Tagen hieß. Dies hatte der US-Außenminister zum Abschluß seines dreistündigen Treffens mit König Hussein von Jordanien am Samstag in Aqaba durchblicken lassen. Ferner, so verlautete in der ägyptischen Hauptstadt, soll die Konferenz in Kairo stattfinden und von US-Präsident Bush persönlich auf seiner avisierten Nahostrundreise eröffnet werden.
Was die von Israelis abgelehnte und von den Arabern geforderte europäische Beteiligung betrifft, habe Baker einen Kompromiß in der Tasche, berichtet die Tageszeitung 'Sharq Al-Aswet‘ unter Berufung auf politische Kreise in Kairo. Ein europäisches Land, das gleichzeitig auch Mitglied des UN-Sicherheitsrates sei, solle stellvertretend für die EG teilnehmen. Gedacht sei an Frankreich.
Dem Vernehmen nach wollte Baker bei den Gesprächen mit Präsident Mubarak und Außenminister Meguid insbesondere um ägyptischen Druck auf Syrien bitten, das dem Gedanken einer „Regionalen Konferenz“ skeptisch gegenübersteht. Doch auch die Ägypter hätten lieber eine internationale als eine regionale Konferenz. Hinter dieser scheinbaren Wortklauberei stehen in der Tat ganz unterschiedliche Konzepte. Grundlage einer UN-Konferenz wären die Resolutionen 242 und 338 der Vereinten Nationen, nach denen sich Israel aus den besetzten Gebieten zurückziehen müßte. Darüberhinaus erkannte 1974 die UNO die PLO als die einzige Vertreterin des palästinensischen Volkes an. Dem müßte jede internationale Konferenz unter Schirmherrschaft der UNO Rechnung tragen, die eben deswegen von Israel abgelehnt wird. Auf einer Regionalkonferenz hingegen wären die UN-Beschlüsse nicht länger verbindliche Diskussiongrundlage, sondern könnten erneut Verhandlungsgegenstand werden. Und die Palästinafrage könnte bei den Diskussionen über arabisch-israelische Beziehungen ganz rausgehalten werden.
Entgegen den Hoffnungen der USA nach dem Ende des Golfkriegs scheint sich die ägyptische Haltung im israelisch-arabischen Konflikt eher verhärtet zu haben. Dafür, daß es den Amerikanern im Golfkrieg überhaupt erst so etwas wie eine arabische Legitimität verschafft hat, möchte Kairo entlohnt werden. Und eine unnachgiebige Haltung in der Palästinafrage hilft Kairo vor allem dabei, die gespaltene arabische Welt unter ihren Fittichen wieder zu kitten. Offenbar nicht ohne Erfolg: Eher in einer Art Gewaltakt hatten die Ägypter noch während der Golfkrise dafür gesorgt, daß der Hauptsitz der arabischen Liga vorzeitig nach Kairo verlegt wird, was damals die ohnehin schon großen Gräben zwischen dem „proirakischen“ und dem „antiirakischen“ Lager noch mehr vertiefte. Inzwischen jedoch unterstützen auch die meisten Staaten der „proirakischen“ Front inklusive der PLO die Kandidatur des ägyptischen Außenministers Butros Ghali zum neuen Generalsekretär der arabischen Liga.
Darüberhinaus bemühen sich zur Zeit die Ägypter um ein Gipfeltreffen der möglichen arabischen Teilnehmerstaaten an der wie auch immer gearteten Konferenz, also Syrien, Libanon, Jordanien, der PLO und Ägypten selber, um eine einheitliche Verhandlungsstrategie zu entwickeln. Bereits am Vorabend des Baker-Besuchs war am Freitag der saudische Kronprinz Abdallah Bin Abdel Aziz zu Abstimmungsgesprächen mit dem ägyptischen Präsidenten Mubarak in Kairo zusammen.
Ägypten ist zwar nicht mehr „Umm Al Dunya“, die Mutter der Welt, wie die Ägypter gerne ihre Heimat nennen; aber es ist dabei, wieder in seine Rolle als die unbestrittene Führungsmacht in der arabischen Welt zu schlüpfen, die es mit der Unterzeichnung des Separatfriedensvertrages mit Israel verlor. Von Camp David redet ohnehin schon lange niemand mehr in Kairo.
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