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40 Millionen Geiseln

■ Eine Informationsveranstaltung zum ersten Jahrestag der Wahlen in Burma

Journalisten ist die Einreise nach Burma seit langem verboten. Um so bemerkenswerter ist ein Dokumentarfilm, den der britische Burmaexperte Martin Smith im vergangenen Dezember vor allem in den Flüchtlingslagern im thailändischen Grenzgebiet drehte. Der Titel 40 Millionen Geiseln ist ein Zitat aus dem Interview mit einem jungen Burmesen — eine bittere, fast resignative Äußerung zum Modediktat auf dem internationalen Nachrichtenmarkt und dem Gieren nach spektakulären Zahlen, herzzerreißenden Bildern und unglaublichen Fakten. Burma kann all das im Überfluß liefern: Seit über 40 Jahren herrscht dort Bürgerkrieg, mit Rekordzahlen an Toten, Verletzten, Gefangenen, Gefolterten und Flüchtlingen. Aber dies gilt eben als der »Normalzustand« in dem fernen Land zwischen Indien und Thailand und darum ist Burma nur selten eine Erwähnung wert.

Der 45minütige Dokumentarfilm von Martin Smith zeigt, wie diese Normalität politisch konstruiert ist. Im Gegensatz zu vielen afrikanischen Staaten ist Burma nämlich ein reiches Land. Es gibt Erdöl, Teakholz, Drogen, Edelsteine. Und trotzdem hat es die seit 1962 regierende Militärjunta geschafft, daß Burma heute zu einem der zehn ärmsten Länder der Erde zählt. Mißwirtschaft oder richtiger, ökonomische Unfähigkeit der Generale ist ein Grund für die desolate Situation. Ein anderer hat etwas mit der psychischen Disposition der burmesischen Armee zu tun. Martin Smith analysiert als Folge der jahrzehntelangen Willkürherrschaft eine kaum mehr zu steigernde Brutalität ihrer Methoden und Kriegführung. Die Armee zwingt die gesamte Gesellschaft zu einer Politik, die keine andere Kommunikationsform als die bewaffnete Auseinandersetzung zuläßt.

Weil die Universitäten z.B. seit langem geschlossen sind und die Forderung der StudentInnen nach mehr Demokratie mit Waffengewalt beantwortet worden war, fühlen sich die meisten StudentInnen in die Rolle als Guerillakämpfer gezwungen. Wenn man sie nach dem Exerzieren so auf offenem Feuer ihr Essen zubereiten und Mundharmonika spielen sieht, wirken sie wie eine Fußballmannschaft beim Sommercamping. Es ist irgend etwas in ihrer Mimik, die selbst beim Lächeln von den Greuelgeschichten erzählt, die für diese StudentInnen Alltag sind. Wenn Martin Smith sie oder Flüchtlinge oder Gefolterte für seinen Film interviewt, macht er aus diesen Schicksalen keine Aneinanderreihung schnellebiger human-touch- Geschichten. 40 Millionen Geiseln ist ein Dokumentarfilm, der ein politisches System angreift, weil es sich auf brutale Art und Weise Zugriff auf das Leben jedes einzelnen verschafft und deren Verantwortliche sich dabei frei von jeder Schuld fühlen. Der Chef vom burmesischen Geheimdienst bringt dieses Selbstverständnis auf eine einfache Formel: »Wer Menschenrechte, wie sie in anderen Ländern gelten, will, soll doch dahin gehen. In Burma gibt es Menschenrechte, wie die Burmesen sie verdienen.«

Das Berliner »Komitee für Demokratie in Burma« zeigt Smiths Film zum ersten Jahrestag der Wahlen in Burma. In Kurzreferaten wird außerdem über die aktuelle Situation der demokratischen Partei berichtet, die die Wahlen zwar gewann, aber nicht regieren durfte. Unter anderen redet Kywa Tha Tun, Dozent an der Universität Göttingen, und der Journalist Rainer Scholz berichtet über seine jüngsten Recherchen bei den Drogenhändlern im »Goldenen Dreieck«. Dorothee Wenner

Am Samstag, 25. Mai, um 21 Uhr im »El Locco«, Kreuzbergstraße 43. Der Film läuft in der englischen Fassung, die Vorträge werden auf deutsch gehalten.

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