: Unrühmliche Arbeitslosenquote
■ Das einstige Agrarzentrum Sangerhausen mit ehemals 4.000 Beschäftigten hat nur noch für 2.000 Arbeit
Sangerhausen. Der Landkreis Sangerhausen hält auch nach dem jüngsten Arbeitsmarktbericht vom Monat Mai die unrühmliche Spitze der Arbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt. Obwohl sich die Quote von 14,2 Prozent im April auf jetzt 13,5 Prozent reduziert hat, ist die Senkung keinesfalls ein Hoffnungsschimmer, meinte der Sangerhäuser Landrat Volker Pietsch.
Vielleicht werden sich die Sanierungskonzepte der einzelnen Betriebe erst im dritten Jahresquartal verbessernd auf die Arbeitsmarktlage auswirken. Vorerst haben mit der Maschinenfabrik und der Mitteldeutschen Fahrradwerke GmbH zwei der größten Unternehmen im Kreis Sangerhausen einen Arbeitsplatzabbau von 50 Prozent angekündigt. Hinzu kommt der im Vorjahr eingestellte Kupferbergbau, der nach und nach ausläuft. Hier fanden einst 5.000 Kumpel Arbeit. Heute sind lediglich noch 900 mit der Verfahrung der Tagebaue beschäftigt. Im kommenden Jahr soll sich die Zahl auf 500 verringern.
Nicht viel besser sieht es nach Ansicht von Pietsch in der Landwirtschaft aus. Das einstige Agrarzentrum Sangerhausen mit ehemals 4.000 Beschäftigten bindet heute nur noch 2.000 Arbeitsplätze. Die großen Tierproduktionsbetriebe könnten kaum noch im EG-Maßstab mithalten, demzufolge ist der Tierbestand um mehr als die Hälfte gesenkt worden. Andererseits sind aber auch schon acht Prozent der Agrarfläche privatisiert worden, was wiederum hoffen läßt, so der Landrat.
Hoffnungsvoll stimmten den 74.000-Einwohner-Kreis auch die vier großen Gewerbegebiete, wovon drei mit insgesamt acht Millionen Mark vom Land Sachsen-Anhalt gefördert werden. In den Orten Rottleberode, Berga und Roßla könne man somit das dortige industrielle Defizit durch Mittelstand ausgleichen, meint Pietsch. Das vierte Gewerbezentrum, wofür selbst die EG Mittel in Höhe von 3,4 Millionen Mark bereitgestellt hat, soll in der Stadt Sangerhausen entstehen.
Daß Sangerhausen Chancen hat, seine Arbeitsmarktlage zu verbessern, zeigen auch die 1.500 Gewerbe- und 200 Handwerksbetriebe, die seit der Wende entstanden sind. 3.000 Arbeitsplätze konnten somit geschaffen werden. Des weiteren würden die über 200 wilden Mülldeponien im Kreis eine breite Möglichkeit an Beschäftigung über AB-Maßnahmen bieten. Auf 2.000 soll die Zahl der ABM-Beschäftigten noch in diesem Jahr angehoben werden, sagte Pietsch. Die Stimmungslage im Landkreis Sangerhausen ist sehr differenziert, aber Pietsch sieht den Hoffnungsschimmer. Der soziale Frieden blieb bisher vor allem durch die gezahlten Abfindungen für die entlassenen Bergleute und durch Teilzeitarbeit in benachbarten alten Bundesländern gewahrt. Hagen Wangemann/adn
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