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Der Schwindel auf der AG-Weser

■ Zweite Pleite auf der AG Weser — der Senat flüchtet in Halbwahrheiten

Noch im Juni wird die Bremer Bürgerschaft sich mit dem Thema befassen müssen, was nach sieben Jahren AG-Weser-Pleite aus dem Gelände am seeschifftiefen Wasser geworden ist. Bremen hatte auf den Unternehmer Grunau gesetzt und ihm den Großteil der Flächen überlassen. In einer Serie hat die taz die Bilanz bremischer Wirtschaftsförderung gezogen: Die industrielle Aktivität auf dem Gelände ist nahe null, die Krananlagen stehen still, Industriearbeiter sieht man kaum herumlaufen, Millionen sind verpulvert.

Mit plumpen Verwirrspielen versucht der Bremer Senat, den indiskreten Blick der taz hinter die Kulissen bremischer Wirtschaftspolitik seine Version entgegenzuhalten. (vgl. zuletzt taz 3.6.) Zwei Beispiele:

Die Arbeitsplatz-Lüge

Sinn der Millionen-Subventionen der sozialdemokratischen Wirschaftspolitik ist es, Arbeitsplätze zu schaffen. 1,5 Millionen aus dem Steuersäckel bekam die Grunau-Gruppe 1988/9 u.a. unter der Auflage, daß sie „den Personalbestand auf ihrer AG-Weser-Betriebsstätte von derzeit 194 Mitarbeitern um weitere 60 Mitarbeiter erhöht“. So steht es in § 4 des der taz vorliegenden notariellen Vertrages, so hatte es die Parlaments-Deputation beschlossen.

In der Antwort auf die parlamentarische Anfrage der CDU zum Thema erklärte der Senat 1991 etwas anderes: Da heißt es, für einen Sockel von 191 Arbeitsplätzen würde „eine Abweichung von 30% akzeptiert“. Das bedeutet, (da 30% von 191 gleich 57 sind) daß die Arbeitsplatz-Auflage von 60 Mann für die 1,5 Million-Subvention 1988 ein Witz gewesen wäre. Warum Bremen dem Unternehmer so entgegenkommen will, liegt nahe: Grunau liegt derzeit nach eigenen Angaben bei 161 Arbeitsplätzen, hat also Subventionen kassiert und Arbeitsplätze abgebaut.

2. Die Subventions-Lüge

Grunau läge „weit unter“ den üblichen 30.000 Mark Subvention pro versprochenem Arbeitsplatz, informiert der Weser-Kurier unter Bezugnahme auf den Chef des Wirtschaftsressorts, Staatsrat Frank Haller. In der Antwort auf die Anfrage der Grünen zum Thema hatte der Senat noch eingeräumt, daß bei dieser Angabe „Grundstücksubventionen nicht einbezogen“ seien. Grunau hatte zu Dumping-Preisen Gelände pachten und Hallen kaufen können, die er zu den weit höheren Marktpreisen weitervermietet. (zu Details vgl. taz-Serie).

Aber auch diese Antwort an die Grünen war nicht die ganze Wahrheit. Die Hälfte des AG- Weser-Geländes gehörte der Seebeck-Werft und also zum Krupp- Konzern. Die bremische Eigengesellschaft HIBEG hat dieses Gelände, für das eine Verwertungsgesellschaft SWG gebildet wurde, 1986 für 28 Millionen Mark gekauft. Die schwarze Kasse der bremischen Wirtschaftspolitik, die „Hanseatische Gesellschaft für öffentliche Finanzierung“ (HaGöF), muß für diese Summe plus Verwaltungs- und Instandhaltungskosten jährlich ca. 3 Millionen Mark bezahlen. (Diese HaGöF, mit der Bremen Wirtschaftspolitik betreibt, ist übrigens mit einer halben Milliarde bei den Banken verschuldet.) Grunau zahlt für das SWG- Gelände ca. 60.000 Mark Miete im Monat bei langfristigen Verträgen, besser: er zahlt auch dies schon lange nicht mehr. Nach seinen eigenen Angaben sind Mietrückstände über 1 Million Mark aufgelaufen.

Kurz: Die bremischen Steuerzahler finanzieren schätzungsweise mit einer viertelmillion Mark pro Monat die Mietsubvention der Grunau-Gruppe. Dieses „Geschäft“ hat kein Parlamentsausschuß gebilligt, es geht in keine Arbeitsplatzrechnung ein, es kostet Steuergeld und erscheint rechtlich „privat“.

3. Die Neuordnungs-Lüge

Eine Neuordnung der Flächen stünde an, erklärt der Senat, Grunau habe nicht alle Hoffnungen erfüllt. Die Wahrheit: Eine der beiden Hallen, die Grunau von Bremen billig kaufen konnte, hat er schon zu Marktpreisen vermietet. Mit Zustimmung der Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft (WfG) verhandelt Grunau derzeit darüber, die andere Halle, in der er selbst Anstricharbeiten durchführen läßt, ebenfalls zu verpachten. Nach Angabe des Staatsrates Haller soll die Grunau-Gruppe ihre Arbeit „im Bereich der Verformungshalle konzentrieren“. Dies ist eine kleine Halle weit ab von Bockkran und Kai. Das bedeutet: Trotz aller schönen verschleiernden Worte geht bremische Wirtschaftspolitik davon aus, daß Grunau das Gelände bis auf einen kleinen, fast symbolischen Rest verpachtet oder zurückgibt.

Daß niemand das zugeben will, hat einen einfachen Grund: Die vollkommene Pleite der Bremer Wirtschaftspolitik auf der AG Weser würde deutlich. Nicht nur die bremischen Millionen-Subventionen in das Gelände wären nachträglich zu rechtfertigen, auch die Sparkasse, die im Vertrauen auf Bremen Grunaus „eigene“ Invesitionen mit ihren Krediten finanziert hat, müßte abgefunden werden.

Als die Seebeck-Werft 1984 noch das Sagen auf dem AG-Weser-Gelände hatte, konnte Grunau die Malerwerkstatt pachten. Dies entspricht dem handwerklichen Charakter der Anstrich- und Montage-Betriebe in Großenkneten und Alhorn, die Grunau zuvor hatte. Interessanterweise hat das DDR-Engagement der Grunau- Gruppe nichts mit Großanlagenbau zu tun, sondern knüpft genau an Grunaus Aktivitäten vor seinem Einstieg in den bremischen Subventionstopf an. K.W.

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