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INTERVIEWAuf dem Weg zur Schreibkraft

■ Dequalifizierung per Umschulung für Frauen in den FNL

Helga Foster ist Frauenbeauftragte des Bundesinstituts für Berufliche Bildung in Berlin. Sie war an einer noch nicht veröffentlichten repräsentativen Untersuchung über die Qualifikation und Berufsorientierung von Frauen in den neuen Bundesländern beteiligt.

taz: Dramatische Umbrüche kennzeichnen den Arbeitsmarkt der ehemaligen DDR. Was passiert mit den Frauen?

Helga Foster: Die Gefahr besteht, daß erwerbslose Frauen entweder gar nichts angeboten bekommen oder in Bereiche umgeschult oder fortgebildet werden, die ihrer Ausgangsqualifikation nicht angemessen sind. Dabei muß man sehen, daß die Frauen bisher zu rund 90 Prozent qualifiziert beschäftigt waren, sie haben fast alle eine abgeschlossene Berufsausbildung, zum Teil sogar mehrere berufliche Abschlüsse. Jetzt wird aber die Facharbeiterin aus dem Chemiebereich im Vierwochenkurs zur Altenpflegerin umgeschult.

Bei Umschulungen dominieren die frauentypischen Berufe?

Ja. Wir machen in den alten Bundesländern seit Jahren Programme, um Frauen in die gewerblich-technischen Berufe zu holen, und könnten uns von der ehemaligen DDR eine Scheibe abschneiden. Dort entsteht nun genau an dieser Stelle der Bruch. Frauen werden in Bereiche umgeschult bzw. eingearbeitet, die nicht zu einem anerkannten Abschluß führen. Frauen machen zum Beispiel einen Computer-Kurs und sollen dann als Schreibkraft tätig werden. Hier findet im Zuge von Fortbildung und Umschulung eine Dequalifizierung statt.

Wieviele Frauen sind betroffen?

Meines Wissens gibt es dazu noch keine Zahlen. Auch die Ministerien in den neuen Bundesländern haben keine validen Daten, zudem werden Statistiken kaum geschlechtsspezifisch ausgewiesen. Die Frauen dort haben keineswegs das Bewußtsein, daß sie eine besondere oder benachteiligte Gruppe sind. Das werden sie jetzt erst nach und nach erfahren.

Bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind Frauen nur zu knapp 40 % vertreten, obwohl sie fast 60 % der Erwerbslosen stellen.

Oft werden von den Betrieben oder den Trägern der AB-Stellen Männer mit der Begründung genommen, sie seien für die entsprechenden Tätigkeiten geeignet. Obwohl die Frauen — abgesehen von regionalen Unterschieden — ein Drittel jeder Berufsgruppe ausmachen. Ich denke, daß hier nur mit einer Quotierung erreicht werden kann, daß Frauen entsprechend ihres vorherigen Anteils und ihrer früheren Tätigkeit zum Zuge kommen. Dasselbe gilt für die jetzt soviel diskutierten Beschäftigungsgesellschaften oder Arbeitsgesellschaften, wie sie neuderdings heißen, auch hier sollte eine Quote greifen.

Gibt es dafür Chancen?

Die brandenburgische Sozial- und Frauenministerin Regine Hildebrandt hat sich zum Beispiel für ein solche Regelung ausgesprochen. Wichtig erscheint mir dabei, Frauen eben nicht nur quantitativ sondern auch qualitativ einzubeziehen. Denn das Spektrum der Berufe der Frauen in der ehemaligen DDR ist wesentlich breiter als es in der alten Bundesrepublik war.

Die Forderung nach einer Quote für Frauen in den Beschäftigungsgesellschaften ist sicher einsichtig. Doch wie sinnvoll ist diese Art von Arbeitsmarktpolitik langfristig?

Aus berufs- und arbeitsmarktpolitischer Sicht kann man nur raten, Gelder nicht nur in die temporäre Aufrechterhaltung ehemals maroder Betriebe fließen zu lassen. Man muß darüber hinaus in die innovative Berufsausbildung investieren. Ich nenne zwei Bereiche, die für Frauen interessant sind. Das ist der Freizeitsektor, also Tourismus, Naherholung. Es ist zweitens der gesamte Umweltschutz, wo es darum gehen muß, neue Berufe und Berufsbereiche zu entwickeln. Hier ist nicht wie bei den Beschäftigungsgesellschaften zu befürchten, daß die Frauen nach zwei Jahren dann wieder auf der Straße stehen. Interview: Helga Lukoschat

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