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ZUM HAICapri-Taucher

■ Hans Hass taucht im Osten wieder auf

In den fünfziger Jahren hatte er in Deutschland (West) seine großen Erfolge, der Tauchpionier Hans Hass. Nun kommt er im Osten an der Humboldt-Uni wieder an die Oberfläche. Man wollte es kaum glauben, als man in schummerigem Licht der U-Bahnhöfe die Plakate mit Hai und Hass darauf bemerkte. Der lebt noch? Doch das Comeback des 72jährigen Unterwasserforschers — mit der am zweitstärksten gegerbten Gesichtshaut nach Jacques Yves Cousteau — kommt genau zur richtigen Zeit. Wie nach dem Zweiten Weltkrieg ist wieder Abtauchen angesagt, Abtauchen in die exotische, vermeintlich so heile und natürliche Unterwasserwelt. Während oben die Capri-Fischer erklangen, führte Hass die trübsinning-belasteten Deutschen durchs klare Wasser auf den Grund, zu den Grundwerten von Flora und Fauna. Farbenpracht statt Schuld und Sühne, Schwerelosigkeit, Ruhe und Frieden zwischen glitzernden Korallen. Und die Fische schwimmen stumm um die Kamera herum. Im Marinnengraben gab es noch nie Parteien, und verglichen mit Vermietern sind selbst Haie die besseren Menschen.

Hass selbst tauchte mit Hilfe von »Schiffsbaufirmen« schon in den vierziger Jahren voll ab, was ihm erleicherte, lediglich das »Positive« des Nationalsozialismus wahrzunehmen, die »Volksgemeinschaft« und das »Leistungsprinzip«. Ab in die »neue Welt der Meerestiefe abseits aller politischen Bedenken«. Sich selbst bezeichnet er als »politisch völlig uninteressiert«. So sprachen und sprechen wirklich nahezu alle Stars der Nazi-Unterhaltungs- und Frontbetreuungskunst von sich selbst. Ein großes Glück für Hans Hass, daß Leni Riefenstahl erst nach dem Erreichen der Pensionsgrenze die Unterwasserwelt für sich entdeckte. Sonst wären sie womöglich zu zweit abgetaucht. Hans-Hermann Kotte

Siehe auch Seite 23

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