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Lauge in Gorlebens Endlagerschacht

■ Schachtbauer für atomares Endlager werden des Wassers nicht Herr/ Ministerium korrigiert sich

Hannover (taz) — Es war die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, der am Silverster- und Neujahrstag der ungewohnte Betrieb auf dem Gelände des Gorlebener Endlagerbergwerks nicht entging. Im Schacht I des Endlagerbergwerks sei es in 312 Meter zu unerwarteten Laugenzuflüssen gekommen, wußte BI-Sprecher Wolgang Ehmke schon am Tag nach Neujahr zu berichten, und wurde prompt vom Umweltministerium in Hannover korrigiert. Man könne kaum von Zuflüssen sprechen, aus einer Reihe von Bohrlöchern würden insgesamt in einer ganzen Stunde lediglich sechs Liter Salzlauge in den Schacht einsickern, teilte die Sprecherin der Umweltministeriums mit. Inzwischen allerdings steht fest: Recht hatte die BI. Zum Jahreswechsel lief aus mehreren Bohrlöcher Salzlauge wie aus Wasserhähnen in den problematischen Schacht I ein. Der maximale Zufluß aus einem einzigen Bohrloch habe bei sechs Litern pro Minute gelegen, mußte sich das Umweltministerium gestern verbessern. Bergdirektor Moritz vom zuständigen Celler Bergamt erklärt solche Laugenzuflüsse allerdings immer noch zum „ganz normalen Vorgang“. Bei einem Schacht, der wie in Gorleben im Gefrierverfahren niedergebracht würde, entstünden immer um das Ende des Frostkörpers im Salz Risse, in denen sich Lauge sammele, so der Chef des Bergamtes. Diese Risse hätten ihre Ursache in der Abkühlung des Salzes durch den Frostkörper. Sie müßten eben abgedichtet werden.

Im Gorlebener Schacht I sind diese Risse inzwischen aber vom normalen Vorgang zum Problem geworden, dem die Endlagerbauer nicht Herr werden. Ursprünglich hatten diese lediglich drei Monate Arbeit veranschlagt um in 260 Meter Tiefe durch sternförmig in das Gebirge gepreßte Betoninjektionen diese Risse nach oben hin abzudichten. Inwzischen ist aus diesen drei Monaten mehr als ein ganzes Jahr geworden. Nach dem neuerlichen Laugenzufluß plant man nach Auskunft des Umweltministerium nun einen vierten Schirm von Betoninjektionen, diesmal in 312 Meter Tiefe. Außerdem soll durch eine Bohrung, die bis in in eine Tiefe von 345 Meter führen soll, endlich genauer erkundet werden, ob die Laugenzuflüsse nicht doch andere Ursachen haben als die Risse.

Schließlich hat der Kieler Geologe Klaus Duphorn den Gorlebener Salzstock schon immer als „löcherig wie ein Schweizer Käse“ bezeichnet. Die BI sieht denn auch in „größeren Laugeneinschlüsse“ oder in „Schichten mit Grundwasserkontakt“ die Ursache für den nassen Schacht. „Hier bestägtigt sich ganz konkret, daß der Salzstock als Endlager ungeeignet ist“, sagt BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Nur das Umweltministerium in Hannover habe dies leider noch nicht begriffen. Jürgen Voges

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