piwik no script img

Grüne fragen nach Stasi-Kontakten

Bonn (taz) — Noch tappen die Grünen im dunkeln, aber gründliche Recherchen sollen erhellen, wer, wann und wie die Partei im Auftrag der Stasi ausspioniert hat. Namen und Zahlen, über die seit geraumer Zeit spekuliert wird, konnten die Bundesvorstandsmitglieder nicht nennen, die gestern vor der Presse ihr Vorgehen zum Thema Stasi vorstellten. Klar, so Sprecher Ludger Volmer, ist allerdings: Der im letzten Herbst enttarnte Dirk Schneider, der zur ersten Bundestagsfraktion der Grünen gehört und die Deutschlandpolitik stark beeinflußt hatte, wird kaum der einzige Stasi-IM in den grünen Reihen gewesen sein. Der gesamte Bundesvorstand hat mittlerweile bei der Gauck-Behörde Akteneinsicht beantragt, ehemalige Bundestagsabgeordnete und Vorstandsmitglieder sind aufgefordert, das, soweit noch nicht geschehen, ebenfalls zu tun. Die Archive der ersten Bundestagsfraktion werden durchforstet, um Dirk Schneiders Wirkung auf die grüne Deutschlandpolitik zu erhellen. Außerdem wollen die Grünen bei der Gauck-Behörde das Thema „Einfluß der Stasi auf die Grünen“ recherchieren. Ein Kreis unabhängiger Wissenschaftler — Namen gibt allerdings noch nicht — soll die gesammelten Erkenntnisse schließlich analysieren. Die Fundierung einer gemeinsamen Partei mit dem Bündnis 90, die bei der nachsten Bundestagswahl antreten soll, läuft für Bundesvorstandsmitglied Helmut Lippelt über die gründliche Aufarbeitung der Geschichte. Ob die ehemaligen West-Grünen die Fragen an die eigene Geschichte offen genug stellen, wird sich erst noch zeigen müssen. Die Selbstzweifel an der grünen Deutschlandpolitik in den achtziger Jahren sind jedenfalls nicht sehr ausgeprägt. War das Einklagen der Demokratisierung der DDR wirklich immer und in jeder Situation „der zentrale Punkt unserer Deutschlandpolitik“, wie Lippelt meint? Die Grünen würden sich nichts vergeben, wenn sie dieses Thema zulassen würden. Tissy Bruns

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen