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Ost-Arbeitslosigkeit auf Rekordhöhe

Nach dem Auslaufen der Kurzarbeiterregelung beträgt die Arbeitslosenquote im Osten jetzt 16,5Prozent/ Steigerung auch im Westen/ Frauen werden wesentlich schneller arbeitslos als Männer  ■ Aus Nürnberg Bernd Siegler

„Gewisse Eintrübungen im Westen“ und ein „steiniger Weg vom Plan zum Markt“ sorgten im Januar für einen neuen Rekord an Arbeitslosigkeit. In Gesamtdeutschland sind derzeit über 3,2 Millionen Menschen arbeitslos. Die Steigerung gegenüber dem Vormonat von 305.700 auf derzeit 1.343.449 Arbeitslose im Osten bedeutet die bisher größte Zunahme in einem Monat seit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik. Die Quote kletterte in den fünf neuen Ländern auf 16,5 Prozent, im Westen auf 6,3 Prozent. Der Umstrukturierungsprozeß im Osten sei „kein Zuckerschlecken“, sagte Heinrich Franke, Präsident der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit (BfA). Er rechnet für 1992 mit durchschnittlich 1,35 Millionen Arbeitslosen in Ostdeutschland.

Daß die Zahl der Arbeitslosen im Januar um fast 30 Prozent gegenüber dem Vormonat in die Höhe geschnellt ist, hängt unmittelbar mit dem Wegfall der Sonderregelung für Kurzarbeiter zusammen, die in dem noch von der DDR-Volkskammer verabschiedeten Arbeitsförderungsgesetz der DDR enthalten war. Dies ermöglichte bislang die Gewährung von Kurzarbeitergeld für Arbeitsausfall im Zusammenhang mit der Gründung der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion. Daß es sich dabei um kaschierte Arbeitslosigkeit gehandelt hat, war seit langem klar.

Nach dem Auslaufen der Regelung hat sich die Zahl der Kurzarbeiter im Osten von über einer Million auf 519.700 halbiert, dafür ist aber die Arbeitslosigkeit erwartungsgemäß deutlich angestiegen. Ab Januar 1992 können die Betriebe, die verkürzt arbeiten, nur Leistungen nach den auch im Westen geltenden Vorschriften beanspruchen. Laut Franke ist zu erwarten, daß sich ein Teil dieser Kurzarbeiter erneut in Arbeitslosigkeit niederschlagen wird.

Frauen werden im Osten zusehends eher in die Arbeitslosigkeit entlassen als ihre männlichen Kollegen. Der Anteil der weiblichen Arbeitslosen erhöhte sich auf 62 Prozent. Jede fünfte Frau (21,8 Prozent) ist damit bereits arbeitslos, bei den Männern liegt die Quote bei 12,6 Prozent. Auch regional und branchenspezifisch gibt es erhebliche Unterschiede. Mit 19 Prozent besitzt Mecklenburg-Vorpommern die höchste Arbeitslosenquote, Sachsen bildet mit 15,8 Prozent das Schlußlicht der neuen Länder. Während sich in der Ex-DDR die Arbeitslosigkeit im Laufe des Jahres 1991 um insgesamt 62 Prozent erhöhte, schlug sie in der Baubranche nur mit einer Steigerung von 18 Prozent zu Buche, bei den Ingenieur- und naturwissenschaftlichen Berufen mit 31 Prozent und bei den Warenkaufleuten gar mit 108 Prozent.

Bei der Bekanntgabe der statistischen Daten legte Franke großen Wert darauf, daß ein Viertel der gewaltigen Steigerung der Quote auf 16,5 Prozent im Osten auf einen neuen Berechnungsmodus zurückzuführen sei. Galt dort bis Dezember 1991 als Bezugsgröße für die Berechnung der Quote noch die Zahl von 8,8 Millionen Erwerbstätigen, muß aufgrund neuerer Erhebungen diese Basis auf 7,9 Millionen gesenkt werden. Auch dies sei, so Franke „immer noch überhöht“. Der BfA- Präsident wies daraufhin, daß zusätzlich zu den 1,3 Millionen Arbeitslosen im Osten arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie Kurzarbeitergeld, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, berufliche Weiterbildung und Vorruhestandsregelungen den Arbeitsmarkt im Januar um 1,9 Millionen Personen entlasteten. Dieses Niveau sei aber inzwischen so hoch, daß „eine noch stärkere Entlastung im Jahr 1992 nur schwer möglich“ erscheine. „Jetzt müssen reguläre Arbeitsplätze her, jetzt muß die Wirtschaft ran“, forderte Franke.

Erstmals seit August 1988 lag die Arbeitslosigkeit im Westen über dem Niveau des Vorjahres. Franke führte die Erhöhung um 143.900 auf 1.875.100 gegenüber dem Vormonat auf „weitgehend jahreszeitliche“ Einflüsse zurück. Er verhehlte jedoch nicht, daß die „Zeiten eines Beschäftigungsbooms der Vergangenheit“ angehörten. Mit 4,3 Prozent liegt die Arbeitslosenquote im Musterländle Baden-Württemberg am niedrigsten, in Bremen mit 10,5 Prozent am höchsten.

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