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Üben vor Publikum

■ Nach mehr als zehn Jahren können die Meat Puppets endlich spielen

Es gibt kaum eine andere Band, mit der man so mitwachsen konnte. Als die Meat Puppets vor mehr als zehn Jahren in Phoenix, Arizona, begannen, waren sie nur unter größten Anstrengungen in der Lage, ihre Instrumente richtigrum zu halten. Mit jeder ihrer Platten wurde das ein bißchen besser. Inzwischen sind sie mit Forbidden Places bei der ersten für einen Major und der achten insgesamt angekommen und richtige Musiker geworden.

Immer schon betätigten sich die Meat Puppets als musikalische Sachwalter des weißen Amerikas, spielten einfach nur Rock, mal mit starken Country-Einflüssen, mal Pop-orientiert. Punk waren sie musikalisch nie, auch wenn die Attitüde des Nicht-spielen-Könnens, verbunden mit dem Dann-auch-nicht-spielen- können-Wollen, sehr punkig war. Sie näherten sich mit jeder ihrer sieben LPs auf SST immer mehr dem Ziel an, endlich mal die Finger so bewegen zu können, daß sie verstanden werden würden. Ein einziger großer Selbstversuch, ein gnadenloses Üben vor Publikum, das das aber immer falsch verstand — als Gag nämlich oder bestenfalls als die andere, innovative Herangehensweise an Musik.

Der Vorteil dieser über eine Dekade erlittenen Metamorphose vom Dilettanten zum Musiker zeigt sich darin, daß sich die Band ihre Fähigkeiten so hart erarbeiten mußte, daß sie die Musik, die sie schon immer spielen wollten, mit ganz besonderem Respekt behandeln. Vorher waren sie gut, weil sie mit Charme und Dreistigkeit ihr mieses Spiel vergessen machten. Heute sind sie gut, weil sie gut sind, auch wenn sie dabei etwas altertümlich klingen.

Also spielen sie jetzt schnellen Rock, langsamen Rock, immer Country, immer sehr stilsicher, auch wenn manchmal zu viele Worte auf zu wenig Raum wollen. Und sie machen es sich nicht einfach. Die Gitarren von Curt Kirkwood sind deswegen so kompliziert, weil sie einfach klingen sollen. Die Meat Puppets lassen keine Löcher in den Stücken, weil die Zeit viel zu kostbar ist und da noch ein Lick reinpaßt und man hier noch einen Gitarrenlauf parallel legen kann. Außerdem ist Zeitverschwendung eine der größten Sünden, wenn man sein halbes Leben mit Üben verbracht hat.

Mit den anderen Wüstenbands aus Arizona werden sie zwar gerne in eine Reihe gestellt, aber die waren schon von Anfang an Musiker. Wo Thin White Rope zäh sind, sind die Meat Puppets hektisch. Und für den kopflosen Humor von Giant Sand haben sie schon gar nichts übrig, denn die Puppets sind ernsthafte Menschen mit einem wichtigen Anliegen: Musik so zu spielen, wie sie gespielt werden muß, und damit Erfolg haben. Die eine Hälfte der Strecke mögen sie hinter sich haben, aber die nächste wird ungleich schwieriger werden. Thomas Winkler

Am 10.2. um 20.30 Uhr im Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg

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