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Auch für den Vater

■ Lager-Forschung als Trauerarbeit / Klaus Volland über sich und sein Buch

Klaus Volland (Jg.44) ist seit 1976 Lehrer in Bremervörde. Fast 15 Jahre lang erforschte er zusammen mit Werner Borgsen die Geschichte des wahrscheinlich größten deutschen Kriegsgefangenen- und KZ-Auffanglagers „Stalag Xb“ in Sandbostel (ca. 50 km nordöstlich von Bremen). Hier krepierten zwischen 1939 und 1945 zehntausende von Menschen. Im letzten August legten Volland/Borgsen ein Buch zum Thema „Stalag Xb" vor.

taz: Wann sind Sie auf das Lager Sandbostel gestoßen?

Klaus Volland: Ich bekam schon 1976 Hinweise auf das Lager, aber genauere Informationen konnte ich nirgendwo bekommen. Wenig später verschlug es auch den Werner Borgsen in diese Gegend, der wie ich Geschichte studiert hat; seine Schüler kommen teilweise aus Sandbostel. Die Quellen kommen vor allem aus dem Ausland, z.B. Erinnerungsbücher von italienischen und französischen Militärinternierten und KZ-Häftlingen. Daneben haben wir Zeugen befragt, ehemalige Wachleute hier aus der Gegend — oder KZ- Häftlinge.

War es einfach, die ehemaligen Wachleute zu Sprechen zu bringen?

Es gab vielfach ein Bedürfnis, endlich zu reden. Schroffe Abwehr kam allerding dann, als wir hier öffentlich in die Kommunisten-Ecke gedrängt wurden. Das war der Landrat Brunkhorst (CDU / B.S.), der eine Kampagne gegen uns gestartet hat: Im Kreistag ging es um die Errichtung einer Gedenkstätte in Sandbostel, damals schimpfte er uns „Kommunisten“, und das kam in die Zeitung.

Wie gehen die Sandbostler mit ihrer Dorfgeschichte um?

Die sehen das aus der Leidensperspektive: der „Dachau-Komplex“. Der Friedhof wird in Ordnung gehalten.

Erschreckend am Buch sind ja nicht nur die vielen Toten, die mörderischen Bedingungen im Lager: der Lageralltag kannte ja so etwas wie ein „lustiges Lagerleben“.

Das hing mit der unterschiedlichen Behandlung der Gefangenen zusammen, je nach der rassistischen Perspektive. Die englischen oder französischen Gefangenen hatten viele Freiräume, die sowjetischen, italienischen oder die KZ-Gefangenen keine. Mit Musik und Theater wollte man natürlich auch Menschen gewinnen für ein Europa unter deutscher Führung.

Wie geht der Forscher damit um, daß, je genauer er forscht, desto gewöhnlicher der Alltag erscheint? „Fraternisierung“, Frauenbeziehungen, Freundschaften mit den Bauern, für die man arbeiten mußte.

Der Alltag war doppelbödig. Gerade bei Polen und Russen wurde Fraternisierung streng geahndet; dann wurden Hunderte von Polen zusammengeholt, um der Erhängung eines Kameraden beizuwohnen. Mir ist eigentlich immer klarer geworden, daß in Sandbostel eine Vernichtungsstrategie lief. Aber ein klares Feindbild „Die Wachleute waren alle Nazis“ kann man heute nicht mehr haben.

Sie arbeiten 15 Jahre an diesem Thema und setzen sich für das Gedenken an die Lager- Opfer ein. Liegt hinter dem Forscherinteresse auch persönliche „Trauerarbeit“?

Ganz sicher. Man ist auch durch die eigene Familiengeschichte mit dem Thema verwoben: Mein Vater war alter Rußlandkämpfer, seine Erlebnisse haben ihn bis ins Unterbewußte verfolgt. Diese Nahkampfsituationen, die Frontkämpfe. Ich habe das für ihn auch mit aufgearbeitet.

Haben Sie das Gefühl, das Thema mit diesem Buch abgeschlossen zu haben?

Ich möchte schon Abstand gewinnen. Ich erhoffe mir, daß bei der Frage der Gedenkstätte jetzt endlich von den politisch Verantwortlichen Nägel mit Köpfen gemacht werden. Auf den Einzelkämpfer habe ich keine Lust mehr. Fragen: Burkhard Straßmann

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