: Expo ohne Mehrheit
Hannover beschließt Bürgerbefragung zur Weltausstellung ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Die Abstimmung der Hannoveraner über die umstrittene Weltausstellung „Expo 2000“ hatte der Rat der niedersächsischen Landeshauptstadt gerade am Donnerstag nachmittag beschlossen, und schon ließen die Expo-Gegner aus dem Landesvorstand der niedersächsischen Grünen der Presse am nächsten Morgen Sekt servieren: Nach einer Meinungsumfrage, die der grüne Landesverband Anfang März vom Dortmunder FORSA- Institut hat durchführen lassen, würde Hannover gegenwärtig mehrheitlich gegen die Expo votieren.
Alle volljährigen Bewohner Hannovers sollen an einer für Anfang Juni geplanten Bürgerbefragung teilnehmen dürfen, auch diejenigen ohne deutschen Paß, falls sie mindestens drei Jahre in der Stadt wohnen. 500 der Abstimmungsberechtigten hat FORSA zwischen dem 4. und 11.März befragt. Davon wollten nur 37 Prozent bei einer Volksbefragung für die Expo stimmen, aber 46 Prozent gegen die Weltausstellung votieren. Eine Mehrheit gegen die Weltausstellung weist die Umfrage nicht nur mit 93 Prozent bei den Wählern der Grünen aus, auch 55 Prozent der SPD-Wähler halten bisher nichts von der Veranstaltung.
Die Hannoveraner sind vor allem nicht bereit, für die Austellung Opfer zu bringen: 89 Prozent wollen keine Mieterhöhung zugunsten der Expo akzeptieren, 73 Prozent nicht für die Ausstellung auf kommunale Leistungen verzichten. 67 Prozent glauben, daß sich durch sie die Verkehrs- und Umweltprobleme verschärfen werden. Nur 31 Prozent meinen, daß sich Hannover und Niedersachsen das Unternehmen leisten können. An Bonner Milliarden für die Expo glauben nur 29 Prozent. Schließlich haben sich Land und Bund bisher weder auf eine Weltausstellungskonzept, geschweige denn auf dessen Finanzierung geeinigt, und Bundesfinanzminister Waigel lehnt weiterhin Zuschüsse für die Expo ab. Damit Hannover in die Fußstapfen der Weltstädte Wien und Venedig tritt und ebenfalls gegen die Austellung votiert, wollen die Grünen jetzt noch stärker gegen die Expo „mobil machen“.
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