: Der lange Weg zum Sternenhimmel
■ Die in Aufstiegsträume versunkene Hertha blieb sich treu und versiebte gegen Oldenburg den Erfolg
Charlottenburg. Völlig unerwartet schwätzt bei Hertha wieder jeder vom Aufstieg, denn durch die bisher erstaunlichen Leistungen in der Meisterrunde (6:0 Punkte) scheint das Klassenziel nicht ausgeschlossen. Im Olympiastadion sollte der VfB Oldenburg das nächste Opfer einer wild entschlossenen Hertha werden.
Und siehe da, die 14.441 (!) Zuschauer hatten kaum Platz genommen, da lagen die Berliner nach einer Flanke von Zernicke auf Theo Gries auch schon in Führung. Und weiterhin versteckten sich die Möchtegernaufsteiger keineswegs, kämpften um jeden Ball und waren derart überlegen, daß mancher sich schwer wundern mußte über den Verein. Wo war die gute alte Dilettanten-Hertha geblieben? Ja, war das überhaupt Hertha da auf dem Rasen?
Es war. Denn schon bald bremste der Oldenburger Christian Claaßen die aufkommende Euphorie: sein harmloser 30-Meter-Schuß wurde immer länger und prallte zum schlechten Schluß vom Pfosten ins Tor. Doch die Herthaner stürmten weiter, kurz hintereinander hatten Mario Basler und Thomas Rath dicke Chancen, rutschten allerdings auf dem durch das Tiefdruckgebiet »Frieda« arg glitschig gewordenen Rasen aus. Soviel Einsatz wußten die Fans denn auch zu würdigen, obwohl klatschnaß machten sie unermüdlich Stimmung.
Kurz vor Ende der ersten Halbzeit wären die Berliner denn auch beinahe, allerdings durch die ziemlich dusselige Rückgabe des Oldenburger Zajac auf seinen Torwart, erneut in Führung gegangen. Die zweite Halbzeit begann mit drei Berliner Großchancen. Trainer Stange ging aufs Ganze, wechselte mit Sven Kretschmer einen weiteren offensiven Mann ein, aber erst in der 77. Minute war es soweit. Freistoß für die Berliner, ein Fall für den Experten Basler. Beim Spiel in Uerdingen hatte er schon in einer solchen Situation unhaltbar abgezogen, und auch diesmal traf er direkt durch die Mauer zum 2:1. Nie mehr Zweite Liga? Die Herthaner wollten wohl ganz sicher gehen und drängten weiter aufs gegnerische Tor.
Und es kam, wie es kommen mußte, die Oldenburger hatten plötzlich Konterchancen und nutzten sie. In der 83. Minute, nach einer Unsicherheit von Walter Junghans, verhinderte zwar noch die dichtgedrängte Masse Mensch vor dem Kasten den Ausgleich, aber sechs Minuten später, nach einer Flanke vom eingewechselten Brandt auf Carsten Linke, wollte der Berliner Torwart nicht mehr halten und hüpfte glatt am Ball vorbei. Der daraus resultierende, völlig unverdiente Ausgleich ließ sogar Mitleid mit Hertha aufkommen. Oldenburgs Trainer Wolfgang Sidka war allerdings alles schon vorher klar gewesen: »In der 80. Minute habe ich gesagt, wir schaffen das 2:2 noch.« Er räumte ein, daß »ein bißchen Glück« im Spiel war. Hertha-Trainer Stange hingegen resignierte ob des Ausgleichs nicht: »Jetzt dauert der Weg zu den Sternen eben etwas länger.« Elke Wittich
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen