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Libysche Opposition kontaktiert Gaddafi

■ Ex-Revolutionäre wollen „Änderung von innen“

Kairo (taz) — Um einen Ausweg aus der Krise um Libyen finden, halten libysche Exilanten der „Nationalen Libyschen Opposition“ (NLO) über alle Differenzen hinweg Kontakt zur libyschen Führung. Die NLO besteht aus ehemaligen Weggefährten Gaddaffis, die sich mit dem libyschen Revolutionsführer entzweit haben.

„Die Katastrophe bedroht nicht nur die Souveränität des Landes und die letzten Überbleibsel dessen, was einmal der libysche Staat war, sondern die Existenz und Einheit des Landes selber“, heißt es in einem persönlichen Brief, den das ehemalige Mitglied des libyschen Revolutionsrates Major Abdel Menem al-Huni an seinen Ex-Genossen Gaddaffi schickte: „Wir glaubten, daß Stammeskriege ein für allemal zur Vergangenheit unseres Landes gehörten, aber Sie haben wieder Wasser auf die Mühlen von regionalen Fehden gegossen.“ Die NLO befürchtet, daß der westliche Druck auf Libyen so lange weitergehen werde, bis das Gaddafi- Regime fällt und eine dem Westen hörige Führung in Tripolis die Macht übernimmt.

Der einzige Ausweg sei der Rücktritt Gaddafis, heißt es in dem Schreiben al-Hunis, der selbst einige Male nur knapp Anschlägen des libyschen Geheimdienstes entging.

Gaddafi selbst traf Ende letzten Jahres mit Al-Huni zusammen. Die Gespräche verliefen jedoch ohne Ergebnisse. Selbst die Forderung, Oppositionskräfte in die Staatsführung aufzunehmen, um dem Regime eine breitere Legitimationsbasis und damit mehr internationale Glaubwürdigkeit zu verleihen, wies der Revolutionsführer zurück. Jedoch sollen Gespräche mit anderen hohen libyschen Politikern weitergehen.

Die NLO setzt auf „eine Lösung von innen“, heißt es in einem 14-Punkte-Memorandum an die libysche Führung. Sie scheint auf einen Putsch durch Personen in dem Umfeld Gaddafis selber zu setzen. Sie befürchtet, daß das jetzige Regime, um seinen Stuhl zu retten, weitgehende Zugeständnisse an den Westen zu machen bereit ist, bei denen es nicht nur um die eine oder andere Person geht, sondern bei denen die Souveränität Libyens selbst zur Disposition gestellt werden wird. Die NLO will sich deutlich gegenüber anderen Oppositionskräften absetzen, die hoffen, durch Unterstüzung von außen, sprich: aus dem Westen, die Macht in Tripolis erringen zu können. Gemeint ist damit vor allem ein anderes Oppositionsbündnis, das sich „Nationale Front zur Errettung Libyens“ (NFSL) nennt.

Die NLFS hat angekündigt, daß sie innerhalb der nächsten Wochen an einem bislang geheimgehaltenen Ort ihren dritten Kongreß abhalten werde. Der Gründungskongreß fand vor zehn Jahren in Marokko statt, der zweite Mitte der achtziger Jahre in Bagdad. Auf dem Kongreß soll ein politisches Programm und Schritte zum Sturz des Regimes beschlossen werden, die, so hofft man jedenfalls, der gesamten libyschen Opposition als gemeinsame Plattform dienen werden. Ivesa Lübben

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