Bonn apart: Ohne Moos nix los
■ Bonn will sparen - aber wie?
Waigel verschmauste Kaiserschmarren, der fastende Kanzler sah zu und genoß „im stillen“. Bei dieser beschaulichen Szene in Kohls Kurort Bad Hofgastein kam den beiden am Mittwoch dieser Woche die große Erleuchtung zur Sanierung der Staatsfinanzen. „Die Gehälter der Minister und der parlamentarischen Staatssekretäre sollen um fünf Prozent gesenkt werden“, verkündete der Kanzler. Bei einem durchschnittlichen monatlichen Gehalt von derzeit 20.000 Mark für die MinisterInnen und 16.600 Mark für die StaatssekretärInnen brächte dies eine jährliche Einsparung von 553.000 Mark.
Über sein eigenes Gehalt von monatlich 30.000 Mark schwieg Kohl sich aus. Ebenso zur Frage, ob die von dieser drastischen Einsparmaßnahme Betroffenen zusätzlich auf die Tariferhöhung im Öffentlichen Dienst verzichten sollen. Für Regierungssprecher Vogel macht der Schritt „nur einen Sinn“, wenn die derzeitigen Gehälter um fünf Prozent gekürzt und außerdem die Tariferhöhung wegfällt. Aber für diese Äußerung vor der Bonner Bundespressekonferenz bezieht Vogel ja vielleicht noch Prügel von einigen Kabinettsmitgliedern. Wußte er doch noch nicht einmal, wieviel diese verdienen, da er seinerseits „keinen Sozialneid pflege“.
Welche Summe auch immer letzten Endes herauskommt: zur Sanierung der zerrütteten Staatsfinanzen und die Finanzierung kostspieliger Vorhaben trägt sie nichts bei. Und so geht in Bonn denn allmählich die Debatte los, die die Taxifahrer der Ex-Bundeshauptstadt schon seit Monaten im „Riecher haben“: Der milliardenschwere Umzug nach Berlin wird nicht nur hinsichtlich der zeitlichen Planungen, sondern zunehmend auch grundsätzlich in Frage gestellt. Den Anfang machte — zunächst nicht beachtet — der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Heiner Geißler mit seinem Vorschlag, daß „nur die Spitzen des Kanzleramtes und der Ministerien nach Berlin gehen, die Regierung ansonsten aber in Bonn bleibt“. Dann zog Geißlers FDP-Amtskollege Wolfgang Weng nach. Nur die „Kopfstellen“ der Bundesministerien sollten in Berlin angesiedelt werden. Gestern schlossen sich der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Rudi Walther (SPD), und der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Franz Müntefering, diesen Vorschlägen an. Beginn eines schleichenden Um-Umzugs von Bonn nach Bonn?
Mein Bonner Taxifaher frohlockt. Er geht fest davon aus, „daß der Umzug an die Spree niemals stattfinden wird“. Andreas Zumach
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