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Gute Absichten — fatale Folgen?

Eine WDR-Tagung zum Thema „Ausländerfeindlichkeit“ in den Medien  ■ Von Reinhard Lüke

Es geschah am 26.September 1991. Unter dem Eindruck der bundesweiten Anschläge auf Wohnheime für Asylbewerber veranstaltete die Doppelpunkt-Redaktion des ZDF unter dem Titel „Knallhart durchgreifen“ eine Diskussionsrunde. Doch was als „kritische Auseinandersetzung“ mit einem verblendeten Jung-Nationalisten gedacht war, verkam zu einem Tribunal, bei dem die Diskutanten auf einen 20jährigen Arbeitslosen aus Leipzig verbal einprügelten, der dann auch prompt die erhofften (?) rassistischen Phrasen drosch. Wo die Redaktion vielleicht auf einen Abschreckungseffekt gehofft hatte, ergaben die zahlreichen Zuschriften zur Sendung ein anderes Bild. Die meisten Zuschauer solidarisierten sich unbewußt mit dem derart in die Ecke Getriebenen, ohne unbedingt dessen Ansichten zu teilen. Da hatten also Fernsehmacher hehre Absichten in Richtung „Völkerverständigung“ verfolgt und möglicherweise unversehens den gegenteiligen Effekt erzielt.

Unter dem Eindruck der offensichtlichen Diskrepanz zwischen Intention und Wirkung sowie allgemeiner Ratlosigkeit im Umgang mit dem Thema „Ausländerfeindlichkeit“ betrieb der WDR am vergangenen Freitag Gewissenserforschung. Denn, so Hörfunk-Direktor Manfred Jenke, „die Zeit, da wir meinen durften, mittels bloßer Skandalisierung von Sachverhalten eine nicht problembewußte Öffentlichkeit auf ein wichtiges Problem aufmerksam zu machen, liegt lange zurück.“ Im Rahmen einer Fachtagung („Gute Absichten — fatale Folgen? Fremdenfeindlichkeit in den Medien?“) ließen sich Radio- und FernsehmacherInnen von Wissenschaftlern Nachhilfeunterricht in Sachen Medienpsychologie geben.

Und die konstatierten zunächst, wie beispielsweise Beate Winkler aus dem Arbeitsstab der Ausländer- Beauftragten der Bundesregierung, daß es im Sinne einer Bewußtseinsänderung wenig hilfreich ist, „wenn öffentliche Aufklärer den moralischen Zeigefinger hoch erheben und das ,multikulturelle Glück ohne Konflikte‘ verkünden“. Der Frankfurter Psychologe Werner Bohleber lieferte auch gleich den psychologischen Background einer unreflektierten (in der taz „Bimbophilie“ getauften) Multi-Kulti-Attitüde: „Eine idealisierte Fremdenfreundschaft verleugnet die eigene Fremdenangst, muß aber dafür die Fremdenangst anderer Menschen um so mehr attackieren.“ Auch wenn daraufhin diverse WDR-Bedienstete zaghaft bekannten, sich in Einzelfällen auch schon einmal bei „Aversionen gegen Ausländer“ ertappt zu haben (Carmen Thomas wollte das Ganze daraufhin gleich zum allgemeinen Bekenntnis umfunktionieren), für die eigene Praxis gab das noch nicht viel Konkretes her. Den großen Aha-Effekt erzielte Ute Gerhard von der „Diskurs-Werkstatt Bochum“ (welch ein Titel!), die eindrucksvoll analysierte, in welchem Maße auch ein — vergleichsweise — unverdächtiges Blatt wie der 'Spiegel‘ bei diesem Thema in Metaphorik und Bild die landläufigen Klischees bedient.

Und die Antworten der „Experten“ auf die drängende Frage: „Was tun“ bzw. „lassen?“ Notgedrungen keine, die sich gleich zu einem Drehbuch hätten verarbeiten lassen. Die Leute nicht pauschal an den Pranger stellen, auch wenn sich hierzulande schon jedes Bemühen um Verstehen oder Akzeptanz verdächtig macht; sie mit ihren realen Ängsten da „abholen“, wo sie stehen, um sie nicht den Hubers und Schönhubers in die Arme zu treiben, aber andererseits Rechtsradikale nicht durch uneingeschränktes Rederecht „salonfähig“ machen; das Thema je nach Zielgruppe ohne Angst vor Trivialität (Serien!) in attraktive Sendeformen verpacken; aber trotz der quotenträchtigen Saalschlachten der Privaten Polarisierungen vermeiden usw. Kurzum: gründlich nachdenken, bevor man sich auf die Gratwanderung zwischen Informationsauftrag, Engagement und Quote begibt.

Aber wenn man sich manch (gesendeten) „Krampf zum Thema“ ins Gedächtnis ruft, ist der Ratschlag des Medienpsychologen Jo Groebel wohl nicht zu verachten: „Das Thema verträgt auch eine Portion Leichtigkeit.“

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