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„Mieterfeindliches Urteil“

■ Gesetze zum Mieterschutz verlangt

Bonn/Berlin (taz) — Heftige Reaktionen hat das Urteil des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichte von Dienstag zur Umwandlung von Eigentumswohnungen hervorgerufen. Mieterorganisationen und die SPD warnten vor einer Welle der Umwandlungsspekulation und der folgenden Eigenbedarfskündigungen. Bayerns Innenminister Edmund Stoiber (CSU) bezeichnete die Entscheidung als ausgesprochen mieterfeindlich. Es gelte, möglichst rasch Gesetze zu schaffen, um Änderungen zum Mieterschutz durchzusetzen. Bundesbauministerin Irmgard Schwaetzer (FDP) vermochte gestern die Auswirkungen der Entscheidung für den Wohnungsmarkt noch nicht einzuschätzen. Sie verwies auf die Kündigungsschutzfrist von drei bis fünf Jahren, die allerdings von der SPD für nicht ausreichend gehalten werde. Ein Antrag der SPD, den Kündigungsschutz auf maximal sieben Jahre zu verlängern, dürfte im Bundestag jedoch kaum Chancen haben.

Berlins Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) forderte, die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten beim Erwerb von Eigentumswohnungen einzuschränken (siehe Interview). Nach Angaben des baupolitischen Sprechers der CDU im Bundestag, Kansy, betragen die indirekten staatlichen Subventionen für den Bau und den Erwerb von Wohneigentum um die acht Milliarden Mark im Jahr. Das sind vor allem Steuerabschreibungen nach dem Paragraphen 10e, auch unter der alten Bezeichnung 7b bekannt. Dazu kommen noch große Ausfälle bei der Lohn- und Einkommensteuer. Ein Gutteil davon wird verwandt, um den Kauf von bestehenden Wohnungen zu subventionieren, mit diesem Geld wird jedoch keine einzige neue Wohnung geschaffen. Zudem würden damit, so Kansy, womöglich mit viel Geld die falschen Leute gefördert, die eine staatliche Subvention gar nicht nötig haben. Zum Vergleich: Für den gesamten Sozialen Wohnungsbau gibt der Staat nur 10 Milliarden Mark im Jahr aus. Bauministerin Schwaetzer sagte dazu, daß wegen der langen Kündigungsschutzfristen für Mieter die Steuervorteile oft kaum ausgeschöpft werden könnten. esch

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