: „Es fällt der taz ganz sicher kein Zacken aus der Krone...“
■ Warum selbst unser bremischer Konzertveranstalter KPS bessere Freunde als Hansi J. Hoffmann aus Lüneburg verdient hat / Ein Brief, eine Antwort
Es spricht sich langsam herum: Der Konzertveranstalter KPS will Pressekarten nur noch an Zeitungen geben, die ihm vorher untertänigst eine Kopie ihres Vorberichts eingereicht haben. Wir hatten dagegen Herrn KPS daran erinnern dürfen, daß den Werbeplatz wenigstens in unserer Zeitung die Anzeigenabteilung nach Maßgabe einer Preisliste bietet und nicht die Redaktion nach Maßgabe der Frechheit von Veranstaltern. Da hatten wir aber keineswegs mit der Hansi J. Hoffmann Promotion Organisation, Standort Lüneburg, gerechnet; da hatten wir beileibe unsere Rechnung ohne Hansi J. Hoffmann persönlich gemacht, der Flüstertüte des Imperiums, welche sogleich zurücksäuselte:
„Werter Herr Dworschak,
zuständigkeitshalber landete Ihre brillant formulierte Glosse über die Pressekartenpraxis von KPS auf unserem Schreibtisch.
Wir wissen sehr gut, daß die taz gerne und fast immer aus der Reihe tanzt. Und das bringt sie natürlich auch immer wieder in große Schwierigkeiten (...)
Zunächst dürfen wir feststellen: KPS, die Mitarbeiter des Hauses und natürlich Herr Schulenberg, arbeiten in völliger Übereinstimmung mit unserer Pressepolitik. Wie fast immer im Leben gilt auch bei unserer Arbeit der Grundsatz: Geben und Nehmen auf fairer, kollegialer Basis (...)
Es fällt der taz sicher kein Zacken aus der Krone, wenn Sie die noch vorhandenen Leser auch einmal auf ein gutes, sehens- und hörenswertes Konzert aufmerksam machen, und nicht nur bei dem schon vorher programmierten Verriß auch noch hämisch daruntersetzen: „haha, wir waren für Euch da, haben es Euch aber vorher bewußt verschwiegen, daß es kommt!“
Sie wollen von uns Tickets, meistens zwei Stück (die immerhin meist einen Wert von 100,-- Mark haben) und darüberhinaus auch noch Anzeigen kassieren, ohne in fairer Zusammenarbeit dafür etwas zu geben. Das wollen wir einfach nicht mehr mitspielen (...)
PS: Aus der Karikatur unter Ihrem Artikel ist nicht zu erkennen, um welchen Herrn es sich handelt. Sind Sie das persönlich oder ist das Ihr neuer Chefredakteur? „Furzwedel“ würde für beide zutreffen!
hierhin bitte die Karikatur
Groß ist der Sumpf und geheimnisvoll. Schmeißt man in Bremen einen Stein hinein, fängt's in Lüneburg an zu blubbern.
Wer immer Sie sind, Hansi Jott, wir raten Ihnen gut: Tauchen Sie wieder unter und fangen Sie keinen Streit an; die Waffen sind ungleich verteilt. Wir gewinnen unweigerlich, einzig indem wir Sie nach Strich und Faden zitieren. Ihr schlimmster Feind, Hansi Jott, ist nämlich diese Ihre Sprache, mit der Sie den Mund voll nehmen. Kaum machen Sie ihn auf, stehn Sie bekleckert vor unseren noch vorhandenen Lesern. Das begreifen Sie nicht? Dann lesen Sie weiter.
Daß wir, wie Sie sehr gut wissen, gerne und fast immer aus der Reihe tanzen, das bringt uns natürlich auch immer wieder in große Schwierigkeiten mit den Hansi Jotts dieses Planeten, die es einfach nicht einsehen wollen. Dabei hören wir hören doch schon von fern, Hansi Jott, diesen humoristischen Unterton, mit dem sich Leute Ihres Schlages ins Fäustchen zu lachen pflegen, bevor sie's einem unter die Nase halten. Glauben Sie im Ernst, daß ausgerechnet wir da noch große Lust haben könnten, einem dahergelaufenen Promoter die Reihe seiner Tänzer zu komplettieren?
Und wenn Sie uns in noch so süßen Liedern vorsängen, Hansi Jott, wie es nun einmal fast immer im Leben sei, nämlich ein einziges großes Geben und Nehmen, wir könnten Sie doch nur davor warnen, das Leben fortwährend mit Ihrem Girokonto zu verwechseln. Wahrlich, es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, von denen sich Ihre ganze Einnahmenüberschußrechnung nichts träumen läßt, zum Beispiel das Recht der Leser und Leserinnen auf eine ungehinderte Arbeit ihrer Zeitungen.
Sie hingegen, Hansi J. Hoffmann, Promoter von guten, sehens- und hörenswerten Konzerten, Sie geben nicht eher Ruhe, als bis alle ehrlichen Wortarbeiter ihr Quentchen in den trüben, breiten Strom der Konzertpromotion pissen, an dem Ihre Mühle steht. Und ausgerechnet Sie, Hansi Jott, bieten uns, als wäre das keine Frechheit, ein Plätzchen im Ringelreihen der Gratifikationen und Erkenntlichkeiten, ausgerechnet Sie bieten uns die Teilhabe an Ihrer universellen Kumpanei. Wissen Sie denn nicht, daß, solange wir noch Zacken in der Krone haben, die Hansi Jotts sich unweigerlich in den Finger schneiden beim Grapschen?
Aber nein, er fürchtet nichts, er kommt ganz jovial daher, bloß vorsichtshalber von weitem schon schulterpatschend: Es fällt der taz ganz sicher kein Zacken aus der Krone, wenn... Und wenn doch? So einer fällt vielleicht schneller als bei Ihnen der Groschen: Wenn Sie was wollen von werktätigen Leuten, dann reden Sie nicht gemütlichen Süßschleim wie seit Unzeiten alle Gauner, wenn sie was Unappetitliches mit einem vorhaben. „Geh, was stellst dich so an, Miezi!“ sagte der Bäcker zur Katze, als er mit ihr den heißen Backofen auswischte.
Zum letzten Mal, Hansi J. Hoffmann: Die meisten Konzerte, sogar solche, an denen spezielle Leutchen wie Sie verdienen, kündigen wir ohnehin an. Aber im Interesse unserer Leser. Naturgemäß geht gerade Sie das gar nichts an; geschweige daß Sie oder KPS auch noch eine Kopie als Demutsgeste zu beanspruchen hätten.
Zum letzten Mal, Hansi J. Hoffmann: Wenn Sie oder KPS etwa zu dem Beschluß kämen, gar keine Pressekarten mehr auszugeben, so wäre das allein Ihre Sache. Da Sie aber in tausenden von Einzelfällen die Zeitungen bevorteilen, die Ihnen zu Willen sind, da Sie nur denjenigen den freien Zugang sperren, die Ihnen den freien Zugang zu ihrer Werbeabteilung verweigern, darum und nur darum erklären wir das ganze Verfahren für zutiefst unmoralisch. Am Ende möchte sich noch unser ganzes Gewerbe mit dem Lobhudelgetriefe anstecken, das in Ihrem zweifelhaften Milieu schon lang keinen mehr stört.
Aber das werden speziell Sie, Hansi Jott, nimmermehr kapieren, solang Sie sich von jedem, der nicht in Ihre Kumpelkartei will, aufs Entsetzlichste bedroht fühlen. Wir haben also unsere Verrisse immer schon vorher programmiert? Wir haben also im Nachherein immer auch noch unsägliche Dummheiten hämisch druntergesetzt? Haben wir? Wirklich wahr, Hansi Jott: Schon lange, rein aus Gemeinheit, verfolgen wir Sie, und der Einfachheit halber mit Ihrer eigenen Paranoia. Es wird immer lustiger. Ohne Erbarmen fordern wir Tickets, die immerhin meist einen Wert von 100.-- Mark haben; ja wir würden, falls wir könnten, sogar den Wucherpreis, den Sie kassieren, von 100.-- Mark auf 200.-- Mark verdoppeln, nur um Ihnen immer noch mehr zu schaden.
Das halten Sie nicht mehr lang aus, da spielen Sie einfach nicht mehr mit? Dann setzen Sie sich lieber wieder zuständigkeitshalber hin und schreiben Sie uns nochmal! Unser „neuer Chefredakteur“ wird Ihnen persönlich im Schmuckumschlag Ihr Zeilenhonorar überreichen. Manfred Dworschak
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