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George Bush gibt sich kämpferisch

Zum Abschluß des Parteitages der Republikaner bot der US-Präsident jedem etwas/ Vage Versprechungen einer Steuersenkung/ Die Irak-Politik Washingtons war kein Thema  ■ Aus Houston Andrea Böhm

Für das Guinness-Buch der Rekorde dürfte es reichen: Über 200.000 Luftballons und mehrere Zentner Konfetti segelten zum Abschluß des republikanischen Parteitags auf jubelende Delegierte, winkende Präsidenten und Vizepräsidenten herab. Überflüssig zu betonen, daß die Ballons größer waren als auf dem demokratischen Parteitag vor einem Monat in New York. Dazu prasselte Feuerwerk durch die riesiger Halle des „Astrodome“, die Band intonierte „God Bless America“. Der Ausgang der Wahlen mag noch völlig im Dunkeln liegen, aber die „Grand Old Party“ ließ keinen Zweifel daran, daß sie in Sachen Showbusiness ganz klar vor den Demokraten liegt.

In Sachen Präsidentschaft hat George Bush nach diesem Parteitag wie erwartet aufgeholt. Eine Prognose des Wall Street Journal über den Wahlausgang in den einzelnen Bundesstaaten verspricht ein Kopf- an-Kopf-Rennen.

Seine einstündige Abschlußrede, in der Bush formal die Nominierung der Delegierten zum Präsidentschaftskandidaten akzepierte, war zuvor zur „wichtigsten seines Lebens“ hochstilisiert worden. Der Mann, den seine Frau am Abend zuvor den Delegierten so inständig als Präsidenten empfohlen hatte, hatte gestern für jeden Geschmack etwas parat: Den einen zeigte er sich als versierter und erfahrener Außenpolitiker und Chef der Streitkräfte — und beschrieb seinen Opponenten als außenpolitisches Greenhorn und „Befehlshaber der Nationalgarde von Arkansas“.

Er selbst, so Bush, habe Saddam Hussein aus Kuwait vertrieben, Araber und Israelis an einen Tisch gebracht. Nun wolle er auch der erste US-Präsident werden, der „ein freies und demokratisches Kuba besucht“. Über die Pläne der Administration für einen erneuten wahlkampfgerechten Militäreinsatz gegen den Irak verlor Bush kein Wort — abgesehen von der Bemerkung, er betreibe mit Außenpolitik keinen Wahlkampf. Das Thema kam während des gesamten Parteitags nicht zur Sprache. Den anderen präsentierte er sich als Innenpolitiker mit einer neuen Mission und Einsicht in alte Fehler: Bush entschuldigte sich für die Steuererhöhung, die mit seiner Zustimmung vor zwei Jahren verabschiedet worden war. Dies hatte seiner politische Glaubwürdigkeit in der eigenen Partei geschadet. Hatte er doch auf dem letzten Parteitag 1988 wiederholt versprochen, solche anti-republikanischen Maßnahmen zu unterlassen.

Mit Spannung wartete man, ob Bush außer Reue auch Bereitschaft zu neuen Steuererleichterungen zeigen würde. Konservative Parteimitglieder um den Wohnungs- und Städtebauminister Jack Kemp hatten dies im Vorfeld des Parteitags gefordert. Bush beließ es bei dem vagen Versprechen, Steuern zu senken — vorausgesetzt, er könne im Kongreß Ausgabenkürzungen im Haushalt durchsetzen, um das Defizit nicht zu vergrößern.

Zu dessen Bekämpfung präsentierte Bush einen Vorschlag, der zumindest öffentlichwirksam ist: US- Bürger sollen bei ihrer Einkommensteuererklärung bis zu maximal zehn Prozent ihrer Abgaben in einen Fond abführen könne, der zur Veminderung des Haushaltsdefizits beitragen soll. Experten wie Carol Cox Wait, Präsidentin des „Committees for a Responsible Federal Budget“ wiesen Bushs Vorschläge allerdings prompt als „völlig unrealistisch“ zurück, weil die dazu notwendigen Haushaltskürzungen einen Kahlschlag im Budget bedeuten würden.

Wer auf konkretere Aussagen zur Wirtschaftspolitik hoffte, wurde enttäuscht. Seine Maßnahmen für den ökonomischen Aufschwung, so Bush, hätten längst gegriffen, gäbe es nicht den demokratisch kontrollierten Kongreß, der alles blockiere. „Gebt mir einen republikanischen Kongreß“, rief Bush. Die Demokraten in Senat und Repräsentantenhaus waren bereits in den Tagen zuvor von republikanischen Rednern als Grund allen Übels und der Politikverdrossenheit der Bürger dargestellt worden: bürokratisch, privilegienhungrig, verschwenderisch — mit einem Wort: unamerikanisch. „Die Republikaner haben nach dem Fall der Sowjetunion das neue ,Reich des Bösen‘“ entdeckt, bemerkte ein Fensehkommentator: „Den demokratischen Kongreß.“

Es war nicht die visionäre Rede, die sich manche in der Partei erhofft hatten, aber sie signalisierte klar, daß Bush nun endgültig zu einem kämpferischen Auftreten übergegangen ist.

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