: Ampel wünscht mehr CDU-Pfeffer
■ Haushaltsdebatte: SPD, FDP, Grüne zufrienden / Pflichtgemäße CDU-Kritik
„Dieser Haushalt ist Ausdruck der Handlungsfähigkeit der Ampelkoalition.“ (Claus Dittbrenner, SPD) — „Im Rahmen des finanziell möglichen sind die Haushalte politisch auszuhalten, für jeden in der Koalition und auch für die meisten Bürgerinnen und Bürger.“ (Dieter Mützelburg, Grüne) — „Ein erster Schritt auf dem Weg der Wende in der Finanzpolitik.“ (Heinrich Welke, FDP).
Mit unterschiedlich ausgeprägter Zufriedenheit gaben gestern in der Bürgerschaft die Sprecher der Ampelfraktionen dem Haushalt 1992/93 ihre Zustimmung. Mit einem gemeinsamen Tenor der Ampelfraktionen: Wer in der Lage ist, bei extremer Haushaltsnotlage einen Etatentwurf zustandezubekommen, der ist politisch handlungsfähig.
Den Rahmen für die finanzpolitischen Bedingungen der kommenden beiden Jahre hatte zu Beginn der Debatte Finanzsenator Volker Kröning skizziert. Kröning ließ keinen Zweifel, daß der Sparhaushalt erst der Ausgangspunkt für weitere Kürzungen sei und kündigte weitere Stelleneinsparungen im öffentlichen Dienst an. „Der öffentliche Dienst muß kleiner und besser werden“, meinte der Finanzsenator, der eine „Rückbesinnung auf die alten Tugenden von Sparsamkeit und Bescheidenheit“ forderte.
Für die CDU-Opposition durfte der stellvertretende Bürgerschaftspräsident Ulrich Nölle zur Generalabrechnung mit der Ampel antreten. Seine Hauptkritik: Das 30 Millionen-Programm, das die Fraktionen zur eigenen Profilierung aufgelegt hätten, sei
hier das "Notfoto
Ruffler“
reinkleben
Er will den Ampel-Haushalt ablehnen: Grünen-Abgeordneter Walter Ruffler. „Beträchtliche Defitite in ökologischer und sozialer Hinsicht“ stellte Ruffler fest. In der Verkehrspolitik angesichts der Straßenbauvorhaben sei, klar, daß das Ziel einer CO2- Reduzierung um 30 Prozent bis zum Jahre 2005 nicht zu erreichen sei. Die fehlende Stimme Rufflers wird die Verabschiedung des Haushalts jedoch nicht gefährden.
ohne finanzielle Deckung, die „falsche Schulpolitik“ koste 45 Millionen jährlich mehr. Wedemeier regiere nicht, sondern moderiere. Und an dem Sanierungsprogramm, das der Senat am vergangenen Wochenende beschlossen hatte, ließ Nölle kein gutes Haar. Die Alternativen der CDU lauteten: Erstens Sparen beim Personal, zweitens Schuldenabbau durch Verkauf von Stadtwerken, Gewoba und BLG und drittens eine „wirtschaftsfreundliche Politik“, die auf Seifenkistenrennen auf Hochstraßen verzichte.
Daß der Verkauf städtischer Betriebe längst nicht vom Tisch ist, zeigten dagegen die Stellungnahmen aus der Ampel: „Hier und heute kein Thema“, meinte der grüne Abgeordnete Dieter Mützelburg. Wer verkaufen wolle, müsse erst einmal rechnen. Und FDP-Wirtschaftssenator Claus Jäger meinte: „Wir dürfen nicht durch eine öffentliche Debatte die Preise kaputtreden.“ Bürgermeister Klaus Wedemeier erinnerte Nölle an Nölle. Der habe ihm in seiner Funktion als Sparkassenvorstand gesagt: „Sehen Sie zu, daß sie bei der Gewoba die Kapitalerhöhung hinkriegen, und dann halten sie den Mund.“
Wedemeier appellierte an die CDU, in Sachen Sanierungsprogramm nicht den Dialog mit der Ampel aufzukündigen. Wenn das Sanierungsprogramm zum Erfolg führe, „entsteht ein Land, das finanziell so leistungfähig sein wird wie vor 1969“.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Kudella versicherte daraufhin, daß seine Partei an einem ehrlichen Dialog interesseiert sei. Und noch einen Appell durfte Kudella mit Interesse vernehmen. FDP-Wirtschaftssenator Jäger bat: „Es wäre schön, wenn die Opposition noch mehr Pfeffer 'reinblasen würde.“ hbk
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen