: Explosion durch Selbstlaborat
■ Hannovers Polizei hat noch keine heiße Spur zu den Attentätern vom Altstadtfest
Hannover (taz) — Bei dem Anschlag auf das hannoversche Altstadtfest, durch den am Samstag sechzehn Menschen verletzt wurden, ist etwa ein halber Liter selbstgefertigter Sprengstoff detoniert. Der Sprengkörper, der in einem Papierkorb aus Eisenblech deponiert war, habe im wesentlichen aus einer mit dem Explosivstoff gefüllten Halbliter-Bierdose bestanden, sagte gestern der Sprecher der Polizei in Hannover. Nach den bisherigen Untersuchungen sei es nahezu sicher, daß die Dose mit einem selbstgefertigten Chemikaliengemisch, einem sogenannten „Selbstlaborat“, gefüllt gewesen sei. Eindeutige Bestandteile eines Zeitzünders habe die Polizei trotz intensiver Suche, auch auf den Dächern in der Nähe des Tatortes, nicht finden können.
Nach Polizeiangaben haben der oder die Täter die Wirkung des selbstgebauten Sprengkörpers möglicherweise erheblich unterschätzt. „Wenn die Bierdose bei der Explosion auf der Erde gestanden hätte, wäre die Sprengkraft sehr viel geringer gewesen“, sagte der Polizeisprecher gestern. Alle 16 Opfer seien durch Blechsplitter des nur nach oben offenen Papierkorbs verletzt worden. Dieser Papierkorb habe bei der Explosion als zusätzliche „Verdämmung“ gewirkt, den Explosionsdruck aufgestaut und verstärkt.
Bei der Aufklärung der Hintergründe der Explosion ist die Sonderkommission der hannoverschen Polizei bisher kein Stück weitergekommen. Vom einem politischen Anschlag über einen gegen eine Person gerichteten Racheakt bis hin zu einem „Bubenstreich“ mit einem zu groß geratenen Knaller sei weiterhin alles denkbar, erklärte der Polizeisprecher. Auch 30 Hinweise aus der Bevölkerung hätten bisher auf keine heiße Spur geführt. Von den 16 verletzten Festbesuchern befanden sich gestern noch drei im Krankenhaus. Ein 24jährige Mann, der von Metallsplittern im Rücken getroffen worden war, ist inzwischen außer Lebensgefahr. Einer Frau, der bei der Explosion der Fuß fast abgetrennt worden war, konnte dieser im Krankenhaus wieder angenäht werden. ü.o.
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