: "Zu breite Wege zum Abitur"
■ Bundesdirektorenkonferenz kritisiert Hamburger Schulpolitik
kritisiert Hamburger SchulpolitikMit harten Worten hat sich gestern die Bundesdirektorenkonferenz (BDK) in die Hamburger Schulpolitik eingemischt. Die geplante Einführung von Berichtszeugnissen bis Klasse 8 sei eine Katastrophe, ein Schulsystem, das Abgängern vom Gymnasium keine adäquate Auffangmöglichkeit biete, ein „Verbrechen am Kind“, hieß es gestern bei der abschließenden Pressekonferenz der BDK im Hotel Baseler Hof.
Der Verband, in dem auch zwei Drittel der Hamburger Gymnasial-Schulleiter organisiert sind, kommt
1alle halbe Jahre in einem anderen Bundesland zusammen, wo er die jeweilige Schullandschaft unter die Lupe nimmt.
Unterm Strich sind den Oberstudiendirektoren die „Wege zum Abitur viel zu breit geworden“, wie es der Hamburger Vorsitzende Dr. Hans Kaufmann formulierte. So wird denn auch die hohe Studienabbrecherquote von 30 Prozent nicht etwa mit den schlechten Bedingungen an den Unis, sondern mit der mangelnden Hochschulreife der Abiturienten erklärt.
Um zu entscheiden, welches
1Kind fürs Gymnasium geeignet sei, brauche man ein „fundiertes Gutachten“. Die bereits in Klasse 1 bis 4 vergebenen Berichtszeugnisse seien zu subjektiv und entbehrten darüberhinaus auch der „pädagogischen Distanz“ eines herkömmlichen Ziffernzeugnisses.
Auch würden die Schulleiter gern künftig wie in Bayern die Lehrer, und nicht allein die Eltern, entscheiden lassen, auf welche Schulform ein Kind geschickt wird. Habe doch nicht zuletzt das in Hamburg praktizierte Prinzip des Elternwillens dazu geführt, daß 40 Prozent der Viertklässler aufs Gymnasium gehen.
In der Hamburger Schulbehörde kann man die Aufregung der auswärtigen Direktoren nicht nachvollziehen. Sprecher Ulrich Vielhuf: „Ich frage mich, was die Gymnasien befürchten.“ Schließlich werde keine Schule gezwungen, auf Noten zu verzichten. Bisher ist dies nur in den 1. und 2. Klassen der Fall. In Klasse 3 und 4 stimmen die Eltern darüber ab. Die geplante Reform solle lediglich den Schulen die Ausweitung der Berichtszeugnisse ermöglichen, die dies beantragt haben, solche Zeugnisse vom Gesetz her aber nicht vergeben dürfen. Abgesehen von den sehr erfolgreich arbeitenden Walldorf-Schulen gebe es ganze Länder wie Dänemark, in denen Ziffernzeugnisse schon vor Jahren abgeschafft wurden. „Und auch da ist das Schulsystem nicht zusammengebrochen.“ kaj
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen