: Juden bedenken Emigration nach Israel
■ Israelisches Parlament verurteilt rechtsradikale Ausschreitungen in Deutschland
Tel Aviv (taz) – Angesichts des wachsenden Fremdenhasses in der BRD und der dort immer häufiger werdenden Gewalttaten rechtsextremer Banden denken viele in Deutschland lebende Israeli ernstlich an ihre Rückkehr in die Heimat. Das erklärte ein leitender Beamter der Einwanderungsabteilung der Jewish Agency in Jerusalem. Unter den Juden, die sich an das Frankfurter Büro der Jewish Agency wenden, um Informationen über Übersiedlungsmöglichkeiten nach Israel zu erhalten, sind jetzt auch Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion, die es ursprünglich vorgezogen hatten, nach Deutschland und nicht nach Israel auszuwandern.
Uri Gordon, der Vorsitzende der Einwanderungsabteilung der Jewish Agency kritisierte den Vorsitzenden der deutschen jüdischen Gemeinden Ignatz Bubis. „Bubis braucht nur aus dem Fenster zu gucken, um selbst zu beobachten, daß jüdische Institutionen ständig bewacht werden müssen. Er wird dann verstehen, daß Deutschland nie eine Heimat für die Juden sein kann. Ich kann mich nur darüber wundern, wie sich diese Juden von den Fleischtöpfen anziehen lassen, anstatt die Konsequenzen aus der Geschichte zu ziehen“, sagte Gordon.
Das israelische Parlament, die Knesset, hat am Dienstag die ausländerfeindliche Gewalt in Deutschland verurteilt. Auf Initiative einiger Abgeordneter debattierte die israelische Volksvertretung über einen entsprechenden Zusatzpunkt der Tagesordnung. Der Abgeordnete der Arbeitspartei, Efraim Sneh, erklärte, daß ein Deutschland, in dem Menschen verbrannt werden, nur weil sie nicht Deutsche sind, kein „anderes Deutschland“ ist. „Wer mit ansieht, was da heute auf den Straßen wieder unter Nazi-Fahnen marschiert, kann nicht sagen, daß es ein solches Schauspiel früher nicht schon einmal gegeben hat.“ Knessetvorsitzender Schewach Weiss (Arbeitspartei) brachte „im Namen der Knesset großen Ärger und tiefe Abscheu angesichts dessen, was sich in Deutschland abspielt“, zum Ausdruck. „Wir haben besonderen Grund, erbost zu sein, wenn derlei Dinge in Deutschland passieren“, erklärte Weiss. Amos Wollin
USA „besorgt“ über Rechtsradikale in Deutschland
Berlin (dpa/AP/taz) – Der türkische Ministerpräsident Demirel hat am Dienstag den Brandanschlag im niedersächsischen Mölln scharf verurteilt. Die türkische Regierung rief die Türken in Deutschland zu Mäßigung bei ihren Reaktionen auf die tödlichen Brandanschläge auf. Regierungssprecher Akin Gönen erklärte im türkischen Parlament, die türkische Bevölkerung könne sich darauf verlassen, daß die Türkei die Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen und über den künftigen, garantierten Schutz von Leben und Eigentum von Türken in Deutschland wachen werde. Doch seien übertriebene Reaktionen nicht angebracht.
Die USA sind „besorgt“ über die rechtsradikalen Ausschreitungen und Angriffe gegen Ausländer in Deutschland. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Richard Boucher, sagte am Dienstag in Washington: „Wir teilen die Empörung, die von deutschen Politikern über diese abscheulichen Verbrechen und den Haß zum Ausdruck gebracht worden ist.“
Die Türkisch-Islamische Föderation in den Niederlanden hat die Haager Regierung am Dienstag aufgefordert, ein Einreiseverbot gegen deutsche Neonazis zu verhängen. Das Einreiseverbot sei notwendig, weil zum 1. Januar 1993 die Grenzkontrollen innerhalb der EG wegfielen. Deutsche Neonazis könnten als Folge eines solchen Einreiseverbots dann sofort ausgewiesen werden. In einem Schreiben warf die Türkisch-Islamische Föderation der Bonner Regierung vor, nicht hart genug gegen Rechtsradikalismus vorzugehen.
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