: Unterm Strich
Freudig aufgebracht haben wir zur Kenntnis genommen, daß das Präsidium der Guardini-Stiftung ein Abendkolloquium mit Herrn Professor Dr. Josef Pieper, Guardini-Preisträger des Jahres 1981, plant, auf dem der Referent zu den folgenden, uns aufs schärfste entzückenden Themen sprechen wird: Arbeit, Freizeit, Musse. Musse da hingehen? Musse auch manschmal so lachen? Kannse nicht auf Arbeit machen.
Daß Robert Schindel den Erich-Fried-Preis bekommen hat, finden wir prima. Dennoch stolperten wir über die Laudatio vom Berliner Landesmahner Walter Jens, der Schindel als einen Schriftsteller bezeichnete, der „die Unerbittlichkeit und die Sanftmut spielerisch und streng miteinander verbindet“. Welcher Preis wird uns hier eigentlich dafür verliehen, daß wir, jeden Tag aufs neue, unerbittlich verspielt über alberne Tickermeldungen stolpern, lang hinschlagen und uns trotzdem noch sanftmütig-dusselig im Kopp an die Kurzmeldungen machen? Nischt. Nicht ein kleiner Preis.
Pfefferminzprinz Marius Müller-Westernhagen hat sich anläßlich der Welle von ausländerfeindlichen Ausschreitungen in diesem unserem Lande in seiner Familie umgesehen und festgestellt: „Meine Frau ist schwarze Amerikanerin (bevor ich Romney kannte, war ich leer), mein Sohn ist schwarz und weiß, meine Tochter ist Jüdin.“ Daß er sich gerade mit dem Jungen nicht über den Zebrastreifen traut, kann man irgendwo verstehen.
Die BZ kürte unlängst einen gewissen Sebastian Radke zum „Gesicht '92“. Das dazu gereichte Konterfei überzeugt uns vollends, daß unser Glück wohl doch nicht von dieser Welt sein kann. Von Gesicht wollen wir hier schonmal gar nicht unbedingt sprechen, eher schon von dümmlich-halbriskierter Lippe, nichtsnutzig eingezogenen Wängelchen und artig in die kurze, leicht angeschrägte Stirn fallenden Haaren. Gäbe es bei uns nicht schon die Gurke des Tages, wir würden eine Rubrik „Arschgesicht des Jahres“ vorschlagen und hätten schon ein paar ansehnliche Kandidaten.
Wir sagen es gerne nochmal: „Die schöne und das Biest“, das haben wir doch nun wirklich lang und breit erklärt, ist ein männerfantastelnder Unfug, der schmählich und kläglich gegen „La Belle et la Bete“ von Cocteau abstinken muß. Warum ist es noch immer der Publikumsrenner der Woche mit 541.790 Zuschauern? Und wer war die Null?
Mit Pomp und angemessenem Getös wurde am Wochenende die Semper-Galerie in Dresden nach fünfjähriger Schließung wiedereröffnet. Werke von Holbein, Rubens, Velazquez, Dürer und vielen anderen mehr funkeln jetzt wieder in strahlendster Pracht. Die Einsturzgefahren sind gebannt. Die Semper-Galerie war 1945 schwer zerstört worden.
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