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Opfer des Rassismus gehen leer aus

■ Nach dem deutschen Gesetz haben ausländische Opfer rassistischer Gewalttaten selten Ansprüche auf Entschädigung

Hannover (taz) – Das Schreiben des Bonner Vertreters des Hohen Flüchtlingskommissars an den Bundesarbeitsminister ist höflich im Ton, doch in der Sache klar. Die tragischen Statistiken zeigten, so schrieb Walter Koisser an Norbert Blüm, daß ein hundertprozentiger Schutz der Asylbewerber und Flüchtlinge vor ausländerfeindlichen Übergriffen nicht möglich sei. Deswegen „gestattete“ sich der Vertreter des UNHCR „die Anregung, die Opfer ausländerfeindlicher und rassistischer Übergriffe grundsätzlich in das bundesdeutsche Opferentschädigungsgesetz einzubeziehen“.

Zuvor hatte schon die niedersächsische Justizministerin Heidi Alm-Merk von „einem skandalösen Tatbestand“ gesprochen und die „Entschädigung von ausländischen Opfern rechtsextremistischer Gewalttaten“ zum Thema auf der letzten Justizministerkonferenz in Lüneburg gemacht. Die wohlfeilen „Bekundungen der Bestürzung und Betroffenheit“ reichten der Justizministerin nicht mehr aus. „Den ausländischen Opfern, ihren Angehörigen und Hinterbliebenen muß aus moralischen Gründen für gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen rechtsextremer Gewalt Entschädigung gewährt werden“, schlug sie ihren Kolleginnen in Lüneburg vor. Doch die gaben das Problem mit der Bitte um Stellungnahme lediglich an die Sozialministerkonferenz weiter.

Der Bundesinnenminister verzeichnet in seiner Statistik der „Gewalttaten mit rechtsextremistischem Bezug“ allein in diesem Jahr 17 Tötungsdelikte, 663 Brand- und Sprengstoffanschläge und 502 Körperverletzungen. Seit 1985 gibt es in der Bundesrepublik ein eigenes „Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten“. Nach Angaben des Innenministeriums lag bei 90 Prozent der „rechtsextremistischen Gewalttaten“ eine „fremdenfeindliche Zielsetzung“ zugrunde, waren die Opfer also Ausländer. Doch gerade sie können die ohnehin geringen Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz in der Regel nicht geltend machen.

Bei Ausländern, die nicht aus der EG stammen, gilt nach dem Opferentschädigungsgesetz das sogenannte „Gegenseitigkeitsprinzip“. Nur wenn es in den Heimatländern der Nicht-EG-Ausländer Entschädigungsregelungen für deutsche Kriminalitätsopfer gibt, haben sie Ansprüche nach diesem Gesetz. In den Hauptherkunftsländer der Flüchtlinge gibt es solche Entschädigungsgesetze natürlich nicht. Der Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars schlägt deshalb vor, generell alle „Asylbewerber und Flüchtlinge“ in das Opferentschädigungsgesetz einzubeziehen, wenn „Anhaltspunkte dafür bestehen“, daß sie Opfer einer Straftat wurden, die an die Flüchtlingseigenschaft „anknüpft“.

Auch Alm-Merk hat auf der Justizministerkonferenz in Lüneburg dafür plädiert, daß die Entschädigung von Opfern rassistischer Übergriffe nicht mehr „durch den Gegenseitigkeitsgrundsatz eingeschränkt“ werden dürfe. Die niedersächsische Justizministerin wies allerdings darauf hin, daß schon nach dem Opferentschädigungsgesetz weder Schmerzensgeld gezahlt wird noch Sach- oder Vermögensschäden ersetzt werden. Dieses Gesetz stellt die Kriminalitätsopfer nur den Kriegsopfern gleich. Gezahlt werden nur Heilbehandlungskosten und Renten. Jürgen Voges

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