: Flüchtling flog aus Hotel
■ Mehmet erhielt Besuch von seinen Lehrern / Fristlose Kündigung
/ Fristlose Kündigung
Ohne es zu beabsichtigen, verursachten Redakteure der gewerkschaftlichen „Hamburger Lehrerzeitung“ (hlz) den Rausschmiß eines jugendlichen Flüchtlings aus seinem Hotelzimmer in St.Georg. Der 17jährige türkische Kurde Mehmet C. erhielt am Montag der vergangenen Woche von seiner Klassenlehrerin und Mitarbeitern der hlz Be-
1such in seiner Unterkunft im „Residence“ am Steindamm. Sie bereiteten einen Bericht über die Wohn- und Lebenssituation von jugendlichen Flüchtlingen in Hamburg vor. Insbesondere interessierte sie, wie die Jugendlichen wohnen, ob sie Hausarbeiten machen können und wie das soziale und nachbarschaftliche Umfeld beschaffen ist.
1Laut Bernhard Nette, Redakteur der hlz, sei den Lehrern bereits an der Rezeption des „Residence“ erklärt worden, den jugendlichen Flüchtlingen im Hotel sei jeglicher Besuch auf den Zimmern verboten, sie dürften nicht einmal den hoteleigenen Aufzug benutzen. Als die Lehrer dennoch Mehmets Zimmer betraten, fanden sie eine Zwölf- Quadratmeter-Kammer vor, deren Mobiliar aus drei Betten, einem Couchtisch, drei „wackligen Stühlen“ und einem kleinen Kleiderschrank bestand. Nach Nettes Eindruck konnte Mehmet nur auf dem Bett Schularbeiten machen.
Die Besitzerin des „Residence“, die 40 bis 50 Mark je Bett und Nacht erhalte, so Nette, sei wenig später erschienen und habe die Lehrer aus dem Hotel gewiesen. Außerdem habe sie erklärt, daß sie Mehmet kündigen werde. Am Montag dieser Woche folgte tatsächlich die fristlose Kündigung. Nachdem Mehmet im Sozialamt erklärt wurde, man könne ihm nicht helfen, fand er gestern schließlich doch noch einen Schlafplatz: in einem Hotel auf der Veddel, mit Etagendusche, die an drei Tagen in der Woche für zwei Stunden geöffnet ist. Nettes Kommentar: „Fröhliche Weihnachten.“ Norbert Müller
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen