: Der Irak verlegt Raketen in die Flugverbotszone
■ Pentagon: Politisches Manöver/ Kurden: Bedingungen für Gespräche mit Bagdad
Washington/Berlin (wps/AFP/ taz) – „Test the West“ scheint derzeit das Motto zu sein, das den irakischen Diktator Saddam Hussein zum Handeln treibt. Anderthalb Wochen nach dem Abschuß einer irakischen MiG über der Flugverbotszone im Süden des Landes gab jetzt das US-Verteidigungsministerium bekannt, daß der Irak Boden-Luft-Raketen in das Gebiet jenseits des 32.Breitengrades verlegt habe.
Ein Sprecher des Pentagon wies darauf hin, daß diese Aktion militärisch gesehen wenig Sinn mache, da ähnliche Raketen bereits längere Zeit in der Region stationiert seien. Daher handele es sich wohl eher um ein politisches Manöver, erklärte der Sprecher gegenüber der Los Angeles Times.
Im Pentagon denken die Strategen nun über „militärische Optionen“ nach. Erwogen wird beispielsweise die Zerstörung der Raketen und eine „aggressivere“ Durchsetzung des Flugverbots. Ein militärischer Angriff steht jedoch nach Angaben eines Beamten im Verteidigungsministerium nicht unmittelbar bevor. „Wir müssen wahrscheinlich abwarten, was er [Saddam Hussein, d.Red.] als nächstes macht“, fügte er hinzu.
Die Lage am 32.Breitengrad ist gespannt, seit Ende Dezember zwei irakische Flugzeuge in die Verbotszone eingedrungen waren. Seither, so Verteidigungsminister Dick Cheney am Montag in einem Pressegespräch, habe es zwar keine Wiederholung dieses Zwischenfalls gegeben. Aber es finde ein regelrechtes Katz-und-Maus- Spiel statt: Irakische Flugzeuge näherten sich dem 32.Breitengrad oder überquerten ihn kurz, um dann abzudrehen und so die Reaktion der USA auszutesten.
Dies entspricht der Vorgehensweise der irakischen Führung in den letzten Monaten. Auch in Kurdistan, wo die USA, Frankreich und Großbritannien ebenfalls eine Flugverbotszone eingerichtet haben, sowie gegenüber den UNO- Inspektorenteams hatte das Regime wiederholt die Grenzen seiner Aktionsmöglichkeiten ausgetestet. So waren etwa nach Sabotageakten und Anschlägen auf UNO-Hilfslieferungen für die Kurden diese vorübergehend eingestellt worden. Beobachter gingen Ende Dezember davon aus, daß dieses Nachgeben Saddam Hussein dazu animiert haben könnte, das Flugverbot zum Schutz der Schiiten im Süden des Landes zu verletzen.
Unterdessen hat die Führung der Kurden neue Vorschläge der irakischen Regierung zur Errichtung einer staatlichen Föderation abgelehnt. Wie es am Montag aus kurdischen Kreisen hieß, soll Bagdad den Kurden die Anerkennung eines eigenen Bundesstaates Kurdistan im Rahmen einer Föderation angeboten haben. Offiziell wurde über ein mögliches Verhandlungsangebot aus Bagdad allerdings zunächst nichts bekannt. Wie in Erbil im Nordirak weiter verlautete, stellten die Kurden drei Bedingungen für die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit dem irakischen Regime über den Status Kurdistans.
So forderten die Peschmergas die Aufhebung der von Bagdad im Oktober 1991 verhängten Wirtschaftsblockade über den Nordirak. Diese betrifft die Region, die nach dem Ende des Golfkrieges unter den Schutz der westlichen Alliierten gestellt worden war und wo sich mittlerweile eine autonome kurdische Verwaltung etabliert hat.
Außerdem verlangten die Kurden vom irakischen Staatschef die Anerkennung der UN-Resolution688 über Demokratie und Menschenrechte im Irak. Schließlich nannten die Kurden als Vorbedingung für neue Verhandlungen eine vorherige Vereinbarung aller Gruppierungen der irakischen Opposition sowie die Zustimmung der Alliierten. b.s.
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