■ Das Portrait: W. Ochensberger
„Viele Grüße aus Spanien, und zur Erinnerung: Die neue Ausgabe von Sieg.“ Mit diesen Worten meldete sich der wegen „nationalsozialistischer Wiederbetätigung“ zu zwei Jahren Gefängnis verurteilte rechtsradikale österreichische Publizist Walter Ochensberger letzten Herbst zu Wort. Für die österreichische Justiz war die Flucht des 52jährigen eine schallende Ohrfeige. Schließlich hatte es nach dessen Verurteilung genügend Anzeichen für ein Absetzen gegeben. Er selbst hatte „Darlehen und Spenden“ gesucht, um sich vor der „Gesinnungsjustiz“ ins „demokratische Ausland“ absetzen zu können.
Dreimal hatte der gelernte Schriftsetzer wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung vor österreichischen Gerichten gestanden, bevor er im vergangenen Jahr – beim vierten Anlauf – erstmals verurteilt wurde. Jedesmal gelang es dem schwergewichtigen Ochensberger, den Gerichtssaal zur Bühne zu machen. Bei seinem vorerst letzten Verfahren schaffte er es, den Anklagepunkt Gaskammer-Lüge zu streichen. Anschließend triumphierte er: „Dies ist unser größter Sieg. Das Gericht kapituliert vor unseren Argumenten.“
hier Foto Nr. 18
Foto: Mathis Dietmar
Die Enttarnung des „Auschwitz-Schwindels“ und die Verteidigung des Deutschtums sind die zentralen Anliegen des gebürtigen Deutschen, der in der rechtsradikalen Szene als „Handwerker“ geschätzt wird. Seit 1970 gibt er Zeitschriften heraus – erst Aktuell und zuletzt Sieg. Letztere stellte er auf einer entlegenen Parzelle der Bergbauerngemeinde Sibratsgfäll im österreichischen Bregenzerwald zusammen. Gedruckt und vertrieben wurde das mit Karikaturen aus dem Stürmer garnierte Blatt von Spanien aus. Den größten Teil seiner stattlichen 30.000er-Auflage verkaufte Ochensberger an jugendliche Rechtsradikale in der Ex- DDR.
In letzter Zeit suchte Ochensberger zusammen mit anderen österreichischen Rechtsradikalen – darunter der ebenfalls justizflüchtige Gerd Honsik – nach neuen Produktionsstätten in Litauen. Von dort reiste er mit einem Schiff an, als er am vergangenen Wochenende in Norddeutschland festgenommen wurde. Das österreichische Innenministerium stellte sofort einen Auslieferungsantrag. Doch die Erfüllung dürfte schwierig werden, denn für politische Delikte gibt es keine Auslieferungsverpflichtungen. Dorothea Hahn
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