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„Beschämende“ Arbeit der Verfassungskommission

■ Die geplante Abstimmung über Gleichberechtigungsnorm wurde verschoben

Berlin (taz) – Allzu konkret darf eine Verfassung nicht sein, das widerspräche ihrer grundlegenden Intention. Zu pauschal allerdings sollten die Grundgesetznormen auch nicht gehalten sein, wie der Gleichberechtigungsartikel3 zeigt. Immerhin sind danach Frauen und Männer – ganz pauschal – schon seit Bestehen des Grundgesetzes, also seit bald 44 Jahren „gleichberechtigt“, doch auf die Lebensrealität von Frauen hat sich das bisher nicht sonderlich ausgewirkt. Seitdem der Einigungsvertrag die Änderung der Verfassung vorschreibt, gibt es daher Vorschläge zur Ergänzung des Grundgesetzes.

Entsprechende Vorschläge für mehr „Frauenrechte in der Verfassung“ liegen der zuständigen Kommission längst vor. Schon Anfang März wollte sie entscheiden, der Termin wurde auf den heutigen 25.3. verschoben. Doch auch heute wird keine Abstimmung erfolgen, nicht einmal eine Diskussion der strittigen Artikel3 und 6 Grundgesetz ist anberaumt. Das „Staatsziel Gleichberechtigung“, das unisono von Frauen aus FDP, SPD und CDU/CSU vertreten wird, findet bei den Herren der Unionsfraktion im Bundestag keinen großen Anklang. Und so wurde die Abstimmung wieder einmal verschoben, diesmal auf den 6.Mai. „Was in dieser männerdominierten Kommission bisher geleistet wurde,“ charakterisiert Ulla Schmidt, Vorsitzende der Querschnittsgruppe Gleichstellung der SPD-Fraktion, schlichtweg als „beschämend“.

Denn die Verfassungskommission soll, so der Wunsch der Frauen, den Artikel3 im Grundgesetz so präzisieren, daß der Staat explizit den Auftrag erhält, die Gleichstellung von Frauen und Männern voranzutreiben. Strukturelle Diskriminierungen, die die soziale Wirklichkeit von Frauen prägen, sind eben nur mit Hilfe ausgleichender Förderung zu durchbrechen. Aufgrund des „Mutterschaftsrisikos“, so die Bundestagsabgeordnete Susanne Rahard-Vahldieck (CDU), bleibe Frauen immer noch der Zugang zu Führungspositionen verwehrt. Ein Zusatz, der festschreibt, daß es Aufgabe des Staates ist, die Gleichberechtigung von Frau und Mann zu fördern, findet mittlerweile auch in der Verfassungskommission die erforderliche Zweidrittelmehrheit.

Entschiedener Widerstand aus den Reihen von Union und FDP herrscht jedoch gegen die „Kompensationsklausel“. Mit Hilfe dieser den Artikel3 ergänzenden „Klausel“ sollen „zum Ausgleich bestehender Ungleichheiten Maßnahmen zur Förderung von Frauen zulässig“ sein. Eine entsprechende Formulierung würde die seit Jahrzehnten strittige Frage um Quoten und die bevorzugte Einstellung von Frauen bei gleicher Qualifikation ein für allemal aus der Welt schaffen. „Eine rechtspolitische Änderung der Situation von Frauen muß die stillschweigende Bevorzugung – sagen wir ruhig, – die stillschweigenden Quoten für Männer mit einer Kompensationsklausel durchbrechen“, fordert denn auch Berlins Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD).

Stehen Frauen aus allen Parteien noch relativ geschlossen hinter den Änderungsvorschlägen zu Artikel3, so sind sie sich spätestens bei Artikel6 uneinig. Nach dem Willen der SPD-Frauen soll auch dieser Grundgesetzpassus, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates stellt, verändert werden. Zusätzlich sollen eheähnliche Lebensgemeinschaften mit Kindern verfassungsrechtlich geschützt werden. Doch hier mauern nicht nur die Männer von CDU und CSU, denen die Familie immer noch die Keimzelle des Staates ist. Auch gestandene Unions-Frauen befürchten eine Aushöhlung der gesellschaftlichen Grundfesten. Die CDU-Abgeordnete Rahard-Vahldieck sieht keinen Bedarf für eine entsprechende Grundgesetzänderung. Sie verweist darauf, daß eheähnliche Gemeinschaften nicht den rechtlichen und sozialen Verpflichtungen einer Ehe unterliegen, damit also auch nicht schützenswert seien. Eine Mehrheit für den SPD-Vorschlag ist schon heute so gut wie ausgeschlossen. flo

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