piwik no script img

Symbol der Lähmung

■ In den USA steht Kohl für Rezession

Washington (taz) – Die Karosserie eines Mercedes Benz und die eines Helmut Kohl galten lange als internationales Gütezeichen für wirtschaftliche Stabilität in Deutschland. Dieser Tage wird erstere von Karikaturisten bevorzugt mit plattem Reifen und qualmendem Motor gezeichnet, letztere als Symbol für Unbeweglichkeit und Lähmung genutzt. Waren die Assoziationen der Amerikaner zu Deutschland 1992 noch von Rassismus geprägt, so lautet das Stichwort heute „Rezession“.

Als symptomatisch für die innenpolitische Krise empfindet man in den USA zudem Kohls Trick, sich vor dem Bundesverfassungsgericht selbst zu verklagen, um so den Bundestag und die nötige Grundgesetzänderung für eine Teilnahme an Nato-Einsätzen in Bosnien zu umgehen.

Die Stimmung schlägt sich im internationalen Protokoll nieder. Nach Großbritanniens Premierminister John Major und Frankreichs Staatspräsident François Mitterand darf Helmut Kohl erst als dritter westlicher Regierungschef Clinton zum Wahlsieg gratulieren. Kohl ist wie Major zudem durch die Reputation belastet, Bush die Daumen gedrückt zu haben.

Neben dem Treffen mit Clinton kam es gestern zu Unterredungen mit dem demokratischen Mehrheitsführer des US-Senats, George Mitchel, und dem Sprecher des Repräsentantenhauses, Thomas Foley. Parliert wurde über Bosnien, die Gatt-Verhandlungen und vor allem über weitere Wirtschafts- und Finanzhilfe für die Regierung Boris Jelzins. Clinton hat die Rußland-Politik vorläufig zur außenpolitischen Priorität gemacht. Die Dimension der Hilfslieferungen hängen ab von der Zahlungsbereitschaft des US-Kongresses und westlicher Industrienationen. Seit 1989 hat die Bundesrepublik mit rund 50 Milliarden Mark bislang den Löwenanteil erbracht. Andrea Böhm

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen